Stärken stärken: Die Wissenschaftsstadt weiter auf der Überholspur
Deutschlands größter Wissenschafts- und Technologiepark wird 20 Jahre alt. Als wäre es ein Geschenk an sich selbst, strotzt der Standort zum Jubiläum vor Stärke. Und wie es aussieht, setzt sich diese Berliner Erfolgsgeschichte fort – dank konsequenter Fokussierung auf Zukunftstechnologien. Adlershof wird weiter wachsen und dient als Vorbild für andere Technologieparks.
Hardy Rudolf Schmitz hat sich nicht getäuscht. Als er 2002 Geschäftsführer der WISTA-MANAGEMENT GMBH wurde, war er von der Gesamtkonzeption des 1991 gegründeten Technologieparks überzeugt – von den Akteuren des Wissenschafts-, Wirtschafts- und Medienstandortes, dem Hightechanspruch, den Gründerzentren, ja, selbst von der städtebaulichen Planung. Alles passte. Was da im Südosten Berlins auf dem Fundament der Akademie der Wissenschaften der DDR gedieh, hatte großes Potenzial.
Magische 500-Millionen-Euro-Marke überschritten
Nach 20 Jahren ist klar: Adlershof hat dieses Potenzial genutzt und ist eine Erfolgsgeschichte, deren letztes Kapitel längst noch nicht geschrieben ist. „Ein tolles Beispiel für eine konsequente Standortentwicklung, bei der viele vieles richtig gemacht haben“, resümiert Schmitz. Was er damit meint, belegt ein Blick auf aktuelle Zahlen, nach denen in der Wissenschaftsstadt 14.200 Menschen in 883 Unternehmen und Instituten arbeiten und über 7.800 Nachwuchswissenschaftler in den sechs mathematisch-naturwissenschaftlichen Instituten der Humboldt-Universität studieren. Allein die Firmen des Technologieparks haben bei den Umsätzen im abgelaufenen Jahr um gut 15 Prozent zugelegt, womit erstmalig die magische 500-Millionen-Euro-Marke überschritten worden ist. Im langjährigen Jahresmittel ist der Standort um sieben Prozent gewachsen. „Bis zum Jahr 2020 halte ich daher eine Verdopplung bei Mitarbeitern und Umsätzen für realistisch“, wagt der WISTA-Geschäftsführer einen Ausblick.
Fokus auf zukunftsträchtige Technologien
Deutlich unter zwei Prozent der meist jungen Unternehmen müssen im Schnitt Insolvenz anmelden, während in anderen Technologieparks eher zweistellige Quoten die Regel sind. Neben einem straffen Management und Marketing spielt der klare Fokus auf zukunftsträchtige Technologien und die wissenschaftliche Fundierung die entscheidende Rolle für die Stärke des Standortes. Photonik und optische Technologien, Photovoltaik, Mikrosystemtechnik, Materialforschung, IT, regenerative Energien, Umwelttechnik und Analytik sind die Kompetenzen, die sich rund um die Rudower Chaussee ballen. „In diesen Bereichen sind wir bei Entscheidern ein sichtbarer Standort“, sagt Schmitz. Und dabei soll es auch bleiben. Im Kern lautet die Strategie: Stärken stärken.
Marke Adlershof wird nun die Richtung bestimmen
„Die Marke Adlershof wird nun die Richtung bestimmen und nicht mehr wie am Anfang die öffentlichen Investitionen und öffentliche Förderung“, ist Schmitz überzeugt. Er betont jedoch, dass erst mit der kräftigen Anschubfinanzierung durch GRW-Mittel (Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, früher GA-Mittel), mit denen von den Straßen bis zu den Technologiezentren wesentliche Infrastrukturen finanziert wurden, der Sprung nach der Wende in die neue Zeit möglich wurde. Gut investiertes Geld, wie die stetig wachsende Zahl an Arbeitsplätzen und das stabile Wachstum beweisen.
Profil sichern
Mithin ist Adlershof zu einem der wenigen Orte Berlins geworden, an denen nicht nur ausgebildet, geforscht, entwickelt, sondern auch innerstädtisch produziert wird, wie die Firmen Sulfurcell, Solon und ab diesen Sommer auch Freudenberg zeigen. Alles Unternehmen, die Strahlkraft auf das längst für das produzierende Gewerbe totgesagte Berlin ausüben. Das industrielle Fundament der Hauptstadt wird in Adlershof künftig weiter verstärkt, heute noch junge Hightechschmieden sollen zu Leuchttürmen der Technologielandschaft werden – das ist die Marschrichtung. Das heißt auch: „Wir werden nicht wahllos wachsen, sondern gezielt Unternehmen ansprechen, die aktive Punkte im Netzwerk Adlershof sein können“, sagt Schmitz. Er weiß: Die Gefahr der Beliebigkeit ist groß. Nur mit einer aktiven Vertriebs- und Marketingstrategie kann das Profil gesichert werden.
Artfremde Bautätigkeit
Gleichwohl wird bald schon eher artfremde Bautätigkeit zu beobachten sein: „Noch ist das Ambiente hier etwas sperrig, was sich daran zeigt, dass nach Feierabend überall die Lichter ausgehen“, bemerkt Schmitz. Also werden Wohnungen, neue Kitas und Alltagsinfrastrukturen wie kleine Lokale und Ladengeschäfte, diese insbesondere entlang der Rudower Chaussee, entstehen. „Wir möchten eine moderne Urbanität schaffen, die zu dem Standort passt“, sagt Schmitz. Es wird ein Leben jenseits der Labors geben, das ganz anders als in den üblichen Berliner Kuschel-Kiezen ablaufen wird: jung, modern, urban.
von Chris Löwer