Stark im Bezirk verankert
HTW Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin setzt auf Wissenstransfer, Austausch und Kooperationen in Treptow-Köpenick
Wie wirken sich neue Geschäfte auf die Anzahl an Fußgängern und Autofahrern aus? Wie viele Radfahrer nutzen den neu gebauten Radweg? Senkt eine Geschwindigkeitsbeschränkung die Feinstaubbelastung wirklich? Fragen wie diese stellen sich Umweltbehörden, Stadt- und Verkehrsplaner, wenn sie Infrastrukturen und die Lebensqualität für die Menschen verbessern wollen. Antworten darauf sollen künftig einfacher und kostengünstiger in Form von Echtzeitdaten geliefert werden.
An der HTW Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin arbeitet Olga Willner daran, neue Technologien hierfür nutzbar zu machen. Zum Beispiel PaxCounter, mit denen Personenströme anhand der WiFi-Signale von Smartphones gezählt werden können. „Die technischen Grundlagen sind vorhanden, doch sie sind oft aufwendig und teuer. Mit unseren Kooperationspartnern von der Beuth Hochschule für Technik Berlin und mehreren Praxispartnern entwickeln wir sie so weiter, dass sie Teil eines ‚Internets der Dinge‘ werden“, erläutert die Professorin für Wirtschaftsinformatik. Das bedeutet vor allem: Die Systeme müssen kleiner und sehr energieeffizient werden. Mithilfe effizienter und kostengünstiger Microcontroller und intelligenten Algorithmen sollen gemessene Daten schon im Gerät selbst so weit verarbeitet werden, dass sie mit schmalbandiger Übertragungstechnik wie LoRaWAN (Long Range Wide Area Network) an das Backend übertragen werden können. Mit Überwachung hat das nichts zu tun, alles ist datenschutzkonform und dreht sich nur um Zahlen.
Parallel zu den technischen Entwicklungen werden gemeinsam mit den beiden wichtigsten Projektpartnern, der WISTA Management GmbH und dem Bezirksamt Treptow-Köpenick von Berlin, zwei Erprobungsareale eingerichtet, in denen die Messgeräte installiert und getestet werden: im Technologiepark Adlershof und in der Adlershofer Dörpfeldstraße. „Wir sind stark im Bezirk verankert. Dieser Austausch und die Kooperationen sind uns sehr wichtig“, betont Willner. Dabei denkt sie auch an ihre Studierenden, die im Rahmen des Projektes mit potenziellen Arbeitgebern in Kontakt kommen. Die entwickelten Technologien werden Prinzipien von Open Source und Open Data anwenden.
„Transferorientierte Aktivitäten wie diese sind Teil des Selbstverständnisses unserer Hochschule“, sagt Gisela Hüttinger, an der HTW zuständig für Transfer- und Projektkommunikation. Stefanie Molthagen-Schnöring nennt sich ganz bewusst Vizepräsidentin für Forschung und Transfer. Sie führte für sich einen sogenannten Company Thursday ein, an dem sie Unternehmen der Region zum gegenseitigen Kennenlernen besucht. „Wichtig ist, dass wir im Kiez sichtbar werden und das Signal aussenden: Wir gehen zu ihnen“, sagt Hüttinger. Eine Transferstrategie befindet sich zurzeit in der internen Diskussion. Unter dem Motto „Verantwortung für die Region übernehmen“ werden Formate kreiert, die die Hochschule mit der Wirtschaft, der Politik und der Bevölkerung in Dialog bringen.
Ein erprobtes Beispiel dafür ist die „Innovationswerkstatt“. Sie führt die Unternehmen mit konkretem Forschungsbedarf und Studierende verschiedener Disziplinen im Rahmen von Business Cases zusammen. Begleitet von Coachings wird die klassische Projektarbeit vom Brainstorming zum Bau von Prototypen, der Dokumentation und Präsentation umgesetzt. Nach einer sehr erfolgreichen Erprobungsphase soll dieses Format im Sommersemester erneut im Rahmen der Lehre aufgegriffen werden. Neu seit Februar 2020 sind die „Spreetalks“.
Erstes Thema: „Wie lebt es sich in Berlin im Jahr 2030?“ Einhundert Interessenten aus Wissenschaft, Praxis und Anwohnerschaft kamen in einen Dialog über die Bedürfnisse des Kiezes und die Möglichkeiten der Wissenschaft, zu Lösungen beizutragen. „Für den 28. Mai 2020 steht ,Modernes Arbeiten‘ auf der Agenda – corona-bedingt sicher in einem anderen Setting. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir dafür ein Format finden“, meint Hüttinger.
Konkrete Themen aus dem Leben der Menschen stehen auch im Fokus der Arbeit von Florian Koch. Der HTW-Professor für Immobilienwirtschaft mit Schwerpunkt Stadtentwicklung und Smart Cities kooperiert mit dem Bezirksamt Treptow-Köpenick zur Umsetzung der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen auf lokaler Ebene. Beispielsweise werden aus den ersten drei Zielen – „keine Armut“, „kein Hunger“, „gute Gesundheit“ – Maßnahmen zur Beseitigung der Jugendarmut, zur Förderung von besserem Bio-Grundschulessen und zur Reduktion der Feinstaubbelastung. Das Ziel der Reduktion von Straftaten wird hier – aufgrund besonderer lokaler Relevanz – zur Reduktion rechter Straftaten. Bis Ende des Jahres soll ein Monitoringsystem aufgebaut werden, dass es dem Bezirk und der Öffentlichkeit ermöglicht, den Fortschritt bei der Umsetzung der Ziele zu begutachten.
Von Dr. Uta Deffke für Potenzial – Das WISTA-Magazin