Von Restlöchern und Zwischenräumen
Künster aus dem Adlershofer Atelierhaus stellen aus
Menschen auf dem Mars? Wer den Fotozyklus „topological intruder“ von Oliver S. Scholten anschaut, kann ins Grübeln kommen. Doch der Astronaut, der da durch die rote Steinwüste stapft, ist der Fotograf selbst. Ihn reize es, in fremde Gebiete einzudringen.
Oliver Scholtens Aufnahmen sind in der bizarren Lausitzer Tagebaulandschaft im Südosten Brandenburgs mit Wüsten und Canyons entstanden. Die Internationale Bauausstellung (IBA), die bis 2010 Ideen sammelt für eine landschaftliche Neugestaltung der stillgelegten Industrieflächen mit den riesigen Restlöchern, lädt dort zu Erlebnistouren ein und inspirierte den ehemaligen Lette-Schüler zu dem Fotoprojekt. Mit seinen zweiteiligen Bildern verbindet der 45-Jährige Realität und Fiktion. Um Offensichtliches geht es ihm nicht, vielmehr hinterfragt er: „Entscheidend ist nicht, dass wir auf einem anderen Planeten landen können, sondern was wir dort vorhaben.“ Kunst kann für ihn wie Wissenschaft Fragen stellen, ist aber nicht dafür prädestiniert, Antworten zu geben.
Künstler aus dem Atelierhaus Adlershof
Im Adlershofer Atelierhaus hat Scholten sich eingerichtet. Da draußen, mit dem Abstand zur Stadtmitte, findet er die Ruhe, um vor allem auch mit dem Bildmaterial zu experimentieren. Er nutzt private Fotografien ebenso wie Zeitungsfotos oder Reproduktionen von Kunstwerken und versteht es, Gegensätze sichtbar zu machen. Dass seine Fotos nicht üblichen Vorlagen entsprechen, zeigt auch sein neuestes Projekt „spots on sports“. Dem Sport als integratives Element verschiedener Kulturen und sozialer Schichten gilt das Hauptaugenmerk. Die Ausstellung wird zur Wissenschaftsnacht am 13. Juni in der Adlershofer Bezirkssporthalle, direkt in Sichtachse zum Atelierhaus eröffnet.
Wissenschaft und Kunst verbindet auch Hilla Stute, die man eine Etage tiefer im Atelierhaus Adlershof trifft. „Noch vor 30 Jahren galt Interdisziplinarität nicht als schick“, sagt sie. Damals sei sie als Physik-Lehramtsstudentin spöttisch belächelt worden, als sie im dritten Semester vom Zweitfach Mathematik zur Kunst umsattelte. Die Liebe zu einem Dichter öffnete der naturwissenschaftlich sozialisierten Hilla Stute eine andere Welt – die der Kunst. Sie begann zu zeichnen und malen und beschäftigte sich mit Fragen der räumlichen Darstellung in Stillleben- und Landschaftsmalerei. Später spezialisierte sie sich auf Foto- und Videografie ohne jedoch die physikalischen Studien aufzugeben. Trotz bestandenem Zweitem Staatsexamen war sie nie als Lehrerin tätig. Als Künstlerin akzeptiert zu werden, empfand sie anfangs schwer. „Zuerst wird immer gefragt, bei wem man Meisterschülerin war. Da hatte ich nichts vorzuweisen“, erzählt sie. Inzwischen sind ihre Werke an verschiedenen Orten im In- und Ausland zu sehen.
Raum & Bewegung
Losgelassen hat sie die Physik auch in der Kunst nicht: Ihr Thema ist die Wahrnehmung von Raum und Bewegung. Ihre Bilder sind oft Momentaufnahmen aus einem fahrenden Zug oder Auto. Klack, klack, klack: Im Sekundentakt generiert die Kamera ganze Bildserien: Wie die Dinge zueinander in Beziehung stehen, will sie so untersuchen und dem Geheimnis der Zwischenräume auf die Spur kommen. Am Rechner werden die Fotos von ihr bearbeitet, auf Details reduziert und auch schon mal bis in den Nanobereich vergrößert. Die sich daraus ergebende Pixelwelt setzt sie im Anschluss malerisch oder im (Sieb-)Druck um. So entstand zum Beispiel die Reihe „Lichtpunkte“: Bilder mit regelmäßig angeordneten verschiedenfarbigen Kästchen, die sich zu immer neuen Mustern zusammenfügen. Unspektakuläre Basis dafür war ein Ausschnitt einer Hochspannungsleitung am Himmel. „Ich erfinde nichts neu, sondern zeige nur, was ist.“ Die Universität zum Nachbarn zu haben findet Hilla Stute inspirierend. Sie hat große Lust, demnächst dort auch mal wieder eine Physik-Vorlesung zu besuchen.
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Atelierhaus Adlershof
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