Wie man Gründer angelt
Caprotec-Chef Hubert Köster sieht in Deutschland enormes Innovationspotenzial
Angler brauchen nicht nur Geduld, sondern auch die richtige Technik, um möglichst viele und vor allem die gewünschten Fische zu fangen. Mit dem Angelvergleich erklärt Professor Hubert Köster gerne die Technologie namens „Capture Compo und Mass Spectrometry (CCMS)“, auf die seine 2006 gegründete und seit 2008 in Adlershof angesiedelte Biotech-Firma Caprotec aufbaut. Es geht darum herauszufinden, wie pharmazeutische Wirkstoffe, small molecules, mit den Proteinen interagieren. So lässt sich frühzeitig erkennen, ob diese Wirkstoffe als Medikamente taugen könnten und ob sie zu viele unerwünschte Wirkungen zeigen.
Beim Caprotec-Verfahren werden die Wirkstoff-Moleküle zunächst mit speziellen Funktionen ausgestattet, wobei der Wirkstoff als Köder dient, um die spezifischen Proteine mittels einer chemischen Reaktion quasi an den Haken nehmen zu können. „Als Rute nutzen wir ein magnetisches Verfahren, um das Reaktionsprodukt zu isolieren, das dann genau bestimmt werden kann“, sagt Köster.
Für Köster ist es bereits das vierte Start-up. 1981 hatte der habilitierte organische Chemiker und Biochemiker an der Uni Hamburg mit „Biosyntech“ das erste gentechnologische Unternehmen in Deutschland gegründet und ein paar Jahre später an eine US-Firma verkauft. Dann wechselte er selbst 1987 an die Ostküste der USA als Mitgründer der Firma Milligen/Biosearch und startete 1994 im kalifornischen San Diego das Unternehmen Sequenom. Dabei ging es um die Analyse von Mutationen im menschlichen Genom. Unter dem CEO Köster florierte Sequenom und realisierte den bisher drittbesten Biotech-Börsengang an der US-Börse Nasdaq.
„In den USA sind solche Startups leichter zu realisieren als in Deutschland“, sagt Hanseat Köster. Risikokapital ist dort in größerem Umfang vorhanden. Amerikaner sähen auch eher die Chancen und investieren leichter in Neues. In Deutschland fokussiert man sich Köster zufolge dagegen gerne zunächst auf die Risiken. Außerdem bilden viele „wie Unternehmen geführte“ Universitäten einen idealen Nährboden für Firmengründungen („spin-offs“). Insgesamt sieht Köster für Deutschland bei der Umsetzung von Forschung in Anwendung gegenüber den USA Optimierungsmöglichkeiten. Allerdings habe sich in letzter Zeit einiges verbessert. Das große Plus für Deutschland seien die dank dualer Bildung hoch qualifizierten Mitarbeiter und das enorme Innovationspotenzial.
So fiel Ende 2000, als sich Köster aus Sequenom zurückzog, der Entschluss, die USA zu verlassen. Zur Ruhe zu setzen, kam für den Hanseaten mit „Unternehmergeist in den Genen“ nicht in Frage. Die Vision, die Caprotec-Technologie zu entwickeln, ließ ihn nicht los. Mit dem Auffinden neuer medizinischer Indikation bekannter Wirkstoffe („repositioning“) steht das Unternehmen jetzt vor seiner nächsten entscheidenden Wachstumsphase. Auch ist Köster voll des Lobes darüber, wie schnell und unkompliziert die Ansiedelung des Caprotec-Start-Up, das mittlerweile rund 30 Mitarbeiter hat, in Adlershof gelaufen sei. Darüber hinaus sei Berlin mittlerweile auch in Sachen Biotechnologie eine erstklassige Adresse.
Von Paul Janositz für Adlershof Special