„Wir erleben einen Mentalitätswechsel“
FORLIFE fertigt Produkte für Stoma, Tracheostoma, Wundversorgung und Inkontinenz
Am Standort Adlershof fertigt das Unternehmen FORLIFE Produkte rund um den künstlichen Darmausgang. Theoretisch das Normalste der Welt, in Deutschland trotzdem einmalig.
„Bei der Herstellung unserer Stoma-Produkte geht es um Hightech und Handarbeit“, sagt Dennis Kropf, einer von drei Geschäftsführern des Unternehmens FORLIFE, das in Berlin bereits seit 1990 Stomaprodukte entwickelt, produziert und vertreibt.
Stoma nennt man eine operativ angelegte Körperöffnung, meist am Bauch. Sie wird beispielsweise dann notwendig, wenn der Dickdarm aufgrund einer Krebserkrankung entfernt werden musste oder wenn Teile des Dünndarms nach einem operativen Eingriff verheilen müssen. Betroffene benötigen in diesen Fällen dauerhaft oder vorübergehend einen künstlichen Darmausgang. Dieser ist dann tagtäglicher Begleiter – deswegen ist höchste Qualität gefragt. Die Kund:innen wollen, dass die Stoma-Produkte möglichst diskret sind, dass sie sich nicht abzeichnen unter der Kleidung, und natürlich geht es um Hygiene und Hautverträglichkeit und Geruchsundurchlässigkeit.
All das gilt als sehr intimes Thema. Tabu sollte es trotzdem nicht sein – zum einen, weil Menschen das Recht auf einen unverkrampften Umgang damit haben, und zum anderen, weil es jeden einmal betreffen könnte. FORLIFE-Geschäftsführer Kropf beobachtet diesbezüglich aber einen Wandel in der Gesellschaft: Noch vor rund zehn Jahren sei es ausschließlich darum gegangen, dass es keiner mitbekommen dürfe. „Nun erleben wir da einen Mentalitätswechsel“, sagt er. „Das ist auch unser Ansatz. Wir sagen: Es ist nichts Schlimmes. Wir möchten die Kund:innen so unterstützen, dass sie ein ganz normales Leben führen können.“ Natürlich sei es eine Beeinträchtigung. „Aber wir wollen dabei helfen, dass es im Alltag nicht spürbar ist.“
Zu den Stoma-Kund:innen zählen hauptsächlich Senior:innen, die eine Darmkrebserkrankung hinter sich haben. Es sind aber auch jüngere Menschen darunter, häufig, weil sie unter einer chronischen Entzündung des Magen-Darm-Traktes leiden, bekannt als „Morbus Crohn“. Was Kleinkinder anbelangt, sei es natürlich ein recht kleiner Markt. Doch auch für die Kleinsten wolle man Produkte bereitstellen, selbst wenn es sich wirtschaftlich nicht immer rechnen würde. Für das Unternehmen sei es Teil der sozialen Verantwortung, wie Kropf sagt. „So, wie die Menschen unterschiedlich sind, gibt es auch die verschiedensten Anatomien“, sagt er. „Deswegen stellen wir bei uns in Adlershof eine sehr breite Palette her.“ Tatsächlich sei FORLIFE das einzige Unternehmen in der Stoma-Sparte, das in Deutschland produziert.
Wachstum erlebe der Markt derzeit in vielen asiatischen und südamerikanischen Ländern, in denen gerade staatlich geförderte Gesundheitssysteme entstehen. „Da sieht man derzeit einen starken Anstieg der Nachfrage“, sagt Kropf. Aktuell beliefert FORLIFE mehr als 30 Länder. Außer der Stoma-Produktlinie führt das Unternehmen dabei noch Produkte für Inkontinenz, Wundversorgung sowie Tracheostoma, also künstliche Luftröhren-Zugänge.
175 Mitarbeitende zählt das Unternehmen mittlerweile, seit 2008 ist es eingegliedert in die „GHD GesundHeits GmbH“, Deutschlands größtem Homecare-Anbieter. Eine Win-win-Situation: Das Pflegepersonal der GHD hat natürlich Kontakt zu den Patient:innen. So erreiche FORLIFE in vielen Fällen unmittelbares Feedback zur Produktqualität, was einen enormen Vorteil in der Entwicklung ausmache, findet Kropf. Darüber reden, auch in diesem Fall: ein großer Gewinn.
Shea Westhoff für Adlershof Journal