Zum Auftakt der Millionendeal: Vakuumsystemspzialist Bestec mischte von Anfang an die Branche auf
„Die im neuen Wirtschafts- und Technologiepark Berlin-Adlershof angesiedelte Bestec GmbH hat einen Auftrag in Höhe von über einer Million D-Mark im Bereich Kernfusionsforschung erhalten.“ Was die deutsche Tageszeitung „Handelsblatt“ am 18. Februar 1993 kurz mit insgesamt 83 Worten meldet, ist nicht nur für das junge Unternehmen Bestec ein Meilenstein. Es ist auch der erste Millionenauftrag für eine Firma in dem damals kaum zwei Jahre alten Technologiestandort.
Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik hatte 1993 ein Messinstrument für Testversuche zur kontrollierten Kernfusion beauftragt. Das Projekt öffnet auch heute noch viele Türen. „Es ist immer noch eine tolle Leistung und eine der besten Referenzen“, sagt Rainer Hammerschmidt, Gründer und Geschäftsführer der Bestec GmbH. Das Unternehmen ist auf maßgefertigte Vakuumsysteme für Beschichtung, Analyse und Spezialapplikationen spezialisiert. Es gehörte viel Mut dazu, „einer Bude wie uns“ das Vertrauen zu schenken. Damals bestand Bestec aus fünf Mitarbeitern und unter den Mitbewerbern waren der Zeiss-Konzern und zwei weitere renommierte Firmen.
Bestec ist eine Ausgründung aus dem Zentrum für wissenschaftlichen Gerätebau der Akademie der Wissenschaften der DDR. Schwerpunkte des Institutes waren die Laser- und Vakuumtechnik sowie die optische Messtechnik. Alles, was es für die DDR auf dem Weltmarkt nicht zu kaufen gab, musste hier „eigenentwickelt“ werden. Den Schritt in die Selbständigkeit bezeichnet Hammerschmidt als logisch. Im Zuge der Wende wurden alle wissenschaftlichen Institute der DDR einer Evaluation unterzogen. „Für unser Institut“, sagt Hammerschmidt, „gab es in der westdeutschen Forschungslandschaft kein Pendant. Man wusste nicht wohin mit uns, also wurde abgewickelt.“
Eine noch an der Akademie entwickelte Kamera wurde auf einer Messe in England der erste Verkaufsschlager der Firma, die haben uns erstaunt angeschaut, erinnert sich Hammerschmidt. Trotzdem, „das Flattern war groß“, sagt der Geschäftsführer. Keine der heute üblichen Hilfsmittel für eine Gründung gab es damals schon. Die Finanzierung erfolgte aus den ersten Umsätzen. Die Banken waren nur „schwer zu bewegen“. Ein Geschäftspartner organisierte die Vorstellung am Max-Planck-Institut. „Der Rest war Glück“, sagt Hammerschmidt, „unser Können deckte sich mit den Interessen des Instituts.“ Einem ersten erfolgreichen Projekt folgte die Ausschreibung für den Millionen-Auftrag. „Wir standen inhaltlich im Stoff und haben wohl deshalb gewonnen.“ Schmunzelnd fügt Hammerschmidt hinzu: „Und wir waren viel zu preiswert.“ Später erfährt er, dass Mitbewerber Zeiss das Zehnfache gefordert hatte. „Die D-Mark war für uns neu und wir hatten ‚null Erfahrung‘, was die Konkurrenz macht oder wie man Ingenieursleistungen bewertet“, sagt Hammerschmidt.
Bestec steht heute mit beiden Beinen in der Marktwirtschaft und ist weltweit erfolgreich. Einer Maxime sind sich die inzwischen 22 Mitarbeiter bei Bestec immer treu geblieben. „Es wird nichts versprochen, nur um einen Auftrag zu erhalten. Auch wenn wir uns ständig in Grenzbereichen der Physik bewegen.“ Ein Konzept das überzeugt. Gerade hat das Unternehmen einen 2,5 Millionen-Euro-Auftrag für den ehemaligen Mitbewerber Zeiss ausgeführt. Ein Unikat – wie alle Produkte des Unternehmens.
von Rico Bigelmann