Auf den Leim gekommen
Zentrifugenspezialist LUM mit Innovationspreis Berlin Brandenburg ausgezeichnet
Die LUM GmbH erhielt im November 2012 den Innovationspreis Berlin Brandenburg – für ein Verfahren, das die Festigkeit von Klebungen und Beschichtungen ermittelt. Flugzeugflügel, Glasfassaden, Kartons – Klebetechniken werden nahezu überall angewendet. Und überall stellt sich die Frage: Hält das?
Dietmar Lerche, Geschäftsführer der LUM GmbH, kann bei der Antwort helfen. Seine Firma hat ein Gerät namens LUMiFrac auf dem Markt gebracht, das Klebeverbindungen besonders schnell und effektiv prüfen kann. Dafür erhielt die LUM am 23. November den Innovationspreis Berlin-Brandenburg 2012.
Ein gelungener Start, denn dieses Geschäftsfeld ist noch recht neu für die LUM, wie Lerche erzählt. Bisher haben er und seine Mitarbeiter Zentrifugen zur Analyse von Suspensionen und Emulsionen entwickelt, mit denen sich beispielsweise binnen Stunde feststellen lässt, wie lang eine Creme gelagert werden kann, ehe sich Öl und Wasser trennen.
„Diese Geräte werden wir bauen weiterentwickeln“, sagt Lerche. „Nun kommt aber noch der LUMiFrac hinzu.“ Dafür benötigt das Unternehmen mit seinen rund 30 Mitarbeitern mehr Platz und zog deshalb vor Kurzem in ein neues Gebäude an der Justus-von-Liebig-Straße. Noch steht draußen ein Gerüst, dringt Baulärm aus dem Treppenhaus. Die Labore und Produktionsräume indes sind fertig eingerichtet, hier herrscht längst wieder der gewohnte Arbeitsalltag.
Im ersten Stock ist das Büro von Uwe Rietz. Er war maßgeblich an der Entwicklung des LUMiFrac beteiligt und erklärt, wie damit Klebeverbindungen geprüft werden: „Will man zum Beispiel die Haftwirkung von so einem Sekundenkleber testen“, sagt er und schwenkt ein kleines Fläschchen, das auf seinem Schreibtisch steht, „muss man zunächst festlegen, welche Materialkombination untersucht werden soll.“ Nahezu jede Substanz könne verwendet werden. Entscheidend ist jedoch, dass das Gummi, Holz oder Glas auf der anderen Seite an einem Prüfkörper fixiert ist. Das ist ein kleiner Kupferzylinder, der etwa einen Durchmesser wie ein Cent-Stück hat. Der Prüfkörper wird in eine Führungshülse gebracht und diese anschließend in eine entsprechende Aussparung eines Zentrifugenrotors gelegt.
Acht Proben können auf dem Rotor platziert werden. Je schneller er dreht, umso größer ist die Fliehkraft, die an den Klebeflächen zerrt. Irgendwann hält sie nicht mehr stand und der Prüfkörper reißt ab. Aber er fliegt nicht weit, keinen Millimeter, dann trifft er schon auf einen Sensor, der sofort den Aufprall an den Rechner meldet. „Der Computer schreibt die aktuelle Drehzahl ins Messprotokoll und errechnet daraus die Kraft, die auf die Probe gewirkt und letztlich zum Versagen der Klebeverbindung geführt hat“, sagt Rietz.
Nicht nur die Haltekraft von Klebern lasse sich damit überprüfen, sondern auch viele andere Mehrschichtsysteme. „Zum Beispiel die Haltbarkeit von Autolacken auf Blech oder die von Beschichtungen auf Brillengläsern.“ Bis zu 13.000 Umdrehungen pro Minute schafft der Rotor des LUMiFrac. Jede Unwucht, die bei verschiedenen Proben kaum vermeidbar ist, wird zur Belastung für die Maschine. „Sie hat eine Toleranz von zwei Gramm Masseunterschied“, sagt der Ingenieur Rietz und rechnet vor: „Bei 10.000 Umdrehungen wirkt diese Differenz bereits wie 20 Kilogramm.“ Dementsprechend stabil ist der LUMiFrac gebaut. 56 Kilogramm bringt er auf die Waage.
Zwei Geräte seien bereits verkauft, sagt der LUM-Chef Lerche. „An die Flugzeugindustrie und an eine Hochschule, mehr kann ich nicht sagen.“ Er hofft, dass die neue Analysetechnik ähnlich erfolgreich wird wie die etablierte Untersuchung von Dispersionen mittels Zentrifugen. Auf diesem Feld hält Lerche mehr als zehn Patente. „Dort gibt es eigentlich nur einen Konkurrenten, doch dessen Ultrazentrifugen sind für ein völlig anderes Einsatzgebiet konstruiert und kosten ein Vielfaches von unseren Geräten“, sagt Lerche und dass er es jetzt ein bisschen eilig hat. Eine Dienstreise nach Japan steht an und vorher sind noch Hunderttausend Dinge zu erledigen.
Von Ralf Nestler für Adlershof Journal