Aufbauspielerin im Quantenkosmos
Schottischer Photonikspezialist M Squared jetzt mit Standort in Adlershof
Als Anbieter von High-End-Lasern und Instrumenten für die Quantentechnologie, Biophotonik und chemische Analytik hat sich M Squared in der Photonikbranche einen Namen gemacht. Nun geht das Unternehmen aus Glasgow auf Tuchfühlung zum Cluster Optik und Photonik Berlin Brandenburg – und baut einen Standort in Adlershof auf. Die Physikerin Gabrielle Thomas ist die „Aufbauspielerin“.
Über 90 Prozent Akademikerquote. 90 Prozent der Umsätze außerhalb Großbritanniens. Standorte im Silicon Valley, in Cambridge, London – und neuerdings in Adlershof. Der schottische Photonikspezialist M Squared ist binnen 14 Jahren zu einem global agierenden Technologieunternehmen mit knapp 120 Mitarbeitenden gereift. Schlüssel zum Erfolg sind die Produkte: Präzise Laser mit ultraschmaler spektraler Linienbreite. Viele davon sind über große Wellenlängenbereiche durchstimmbar. Daneben bietet M Squared zuverlässige Ultrakurzpuls-Laser und hochauflösende Mikroskope an, die ebenso bei Neurowissenschaftlern und Entwicklungsbiologen im Einsatz sind, wie in der Krebsforschung.
Neben der Biophotonik hat M Squared zwei weitere Handlungsfelder: Chemische Analytik und die Quantentechnologie, in der die Schotten führend sind. Ihre Laser arbeiten in ultrapräzisen Atomuhren, in Quantengravimetern sowie in Quantencomputersystemen, an deren Entwicklung das Unternehmen beteiligt ist. „Aktuell leiten wir ein Projekt, das Navigationssysteme auf Basis von Quantensensorik statt Satellitendaten realisiert“, berichtet Gabrielle Thomas, die für den Aufbau des neuen Adlershofer Standorts verantwortlich ist. In weiteren Projekten geht es um Ionen-Antriebe für die Raumfahrt, um das Aufspüren giftiger Gase oder Leckagen in Öl- und Gasleitungen, um diagnostische Nachweise von Biomarkern im Atem von Patienten – und zuweilen auch um Diebstahl: So detektieren Sensoren bei der Reifung edler Whiskeys verdunstende Flüssigkeit und berauben Engel so ihres sprichwörtlichen Angels’ share.
Mit der optischen Sensorik können Hersteller nicht nur die Verluste minimieren. „Es ist auch möglich, damit die Echtheit und sogar den Jahrgang von Whiskeys zu ermitteln“, sagt Thomas.
Von Adlershof aus wird M Squared den Service und Vertrieb im deutschsprachigen Raum koordinieren und perspektivisch auch Forschungs- und Entwicklungsprojekte vorantreiben. „Wir haben dafür Büro- und Laborfläche im IGZ Innovations- und Gründungszentrum gemietet“, erklärt die Physikerin. Studiert und promoviert hat sie am Imperial College London, wo sie unter anderem ein Projekt zur Entwicklung diodengepumpter Festkörperlaser für ein aktives, satellitengestütztes Umweltmonitoring mit der Europäischen Raumfahrtagentur vorantrieb. 2017 wechselte sie ans Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI) nach Adlershof.
Eigentlich war es ihr Mann, den es ans MBI zog. Als die Institutsleitung erfuhr, dass dieser eine hochqualifizierte Laserforscherin an seiner Seite hat, folgten ein Vorstellungsgespräch und das Angebot, in einem Team bei der Entwicklung sogenannter Optical Parametric Chirped Pulse Amplifiers für die Attosekunden-Forschung mitzuwirken.
Als ihr M Squared anbot, einen Standort und ein Netzwerk in der Photonik-Region Berlin-Brandenburg aufzubauen, war sie hin- und hergerissen. „Ich hatte das Unternehmen am Imperial College kennen und schätzen gelernt“, berichtet sie. Sie stand vor einer Grundsatzfrage: Forschung oder Industrie. Da M Squared forschungsnah agiert, hofft sie, dort das Beste beider Welten verbinden zu können. Die Laborräume sind eingerichtet, potenzielle Mitarbeitende an den Hochschulen der Region vorhanden – und auch Partner für künftige Projekte sollten sich finden lassen. Dafür spricht nicht nur das quirlige Cluster Optik und Photonik Berlin Brandenburg, sondern auch die Dynamik im Quantenkosmos, die die EU und die Bundesregierung durch massive Forschungsförderung anfachen. Die „Aufbauspielerin“ Thomas ist überzeugt, dass M Squared auf diesem Feld eine gute Rolle spielen kann.
Von Peter Trechow für Adlershof Journal