Autos im Dialog
Wenn Autos miteinander kommunizieren, wird das Autofahren noch sicherer. Berliner und Frankfurter Wissenschaftler erforschen gemeinsam, wie das geht.
Eine Fahrt durch Brandenburg: Der Mais auf den Feldern steht hoch, dazwischen schlängelt sich die Straße in Kurven dahin. Der Fahrer im vorausschleichenden Wagen wirkt unsicher. Vielleicht sucht er auch nur eine Möglichkeit zum Halten? Zum Überholen ist es zu unübersichtlich. Einfacher wäre es, wenn man den freien Blick des Vordermanns hätte: Sehen, ob Gegenverkehr kommt und überholen – oder frühzeitig den Radfahrer erkennen, wegen dem der langsame Wagen in wenigen Augenblicken noch stärker bremsen wird.
„In modernen Autos gibt es zahlreiche Technologien für die Fahrsicherheit wie Kameras oder Spurassistenten“, sagt Eckhard Grass. „In vielen Fällen könnte es helfen, wenn diese Informationen an nachfolgende Fahrzeuge weitergegeben werden, um sie rechtzeitig vor Gefahren zu warnen.“ Dazu ist es jedoch erforderlich, dass sich die Autos miteinander „unterhalten“. Genau daran forschen Grass, Hochschulprofessor für Informatik, und seine Mitarbeiter des Joint Lab HU-IHP. Hinter den Abkürzungen stehen die Berliner Humboldt- Universität zu Berlin und das Leibniz- Institut für innovative Mikroelektronik in Frankfurt (Oder). Beide haben im Mai ihre langjährige Kooperation auf dem Gebiet der Informatik mit einer neuen Einrichtung besiegelt. Das Joint Lab, was sich am besten als „gemeinsame Arbeitsstätte zweier Institute“ übersetzen lässt, ist kein eigenständiges Labor im engeren Sinne. „Wir sind derzeit fünf Mitarbeiter in Berlin und Frankfurt, die verschiedene Forschungsprojekte zur drahtlosen Kommunikation gemeinsam bearbeiten“, erläutert Grass, der selbst vom IHP kommt und nun zusätzlich eine S-Professur an der HU innehat.
„Dieser Zusammenschluss ist für beide Seiten ein Gewinn“, sagt Grass. Die eher anwendungsbezogenen Wissenschaftler des IHP können von der Expertise der Grundlagenforscher der Universität profitieren. Diese wiederum nutzen die hervorragende Forschungsausstattung des IHP, die mit dem engen Unibudget nicht möglich wäre: Einen Reinstraum zur Chipherstellung in Frankfurt, dazu viele Spezialgeräte, um Neuentwicklungen sofort zu testen.
Aktuelles Thema ist das Projekt „Prelocate“, gefördert vom Bundesforschungsministerium und unter Konsortialführung der Firma InnoSenT aus Unterfranken. Dort geht es darum, die drahtlose Kommunikation mithilfe elektromagnetischer Wellen im 60-Gigahertz-Band zu verbessern. „Das Ziel ist nicht nur, große Datenmengen zu übertragen, sondern auch die Lokalisierung der Teilnehmer zu verbessern“, sagt Grass. Bezogen auf das Autobeispiel hieße das, zunächst zweifelsfrei das vorausfahrende Fahrzeug zu identifizieren und dann eine stabile und schnelle Datenverbindung aufzubauen. „Wenn es ums Überholen geht, dürfen die Kamerabilder des Vordermanns höchstens einige Hundertstelsekunden alt sein, sonst sind sie wertlos oder verleiten sogar zu gefährlichen Aktionen“, erläutert Grass.
von Ralf Nestler
Internet:
www.informatik.hu-berlin.de
www.ihp-microelectronics.com