Zuverlässige Waldbrandfrühwarnung
„Wenn Tschernobyl brennt, läuten in der ganzen Welt die Alarmglocken“, sagt Holger Vogel. Der Geschäftsführer des Adlershofer Unternehmens „IQ wireless“ hat kürzlich das abgesperrte Gebiet um den Katastrophenreaktor besucht. Die ukrainischen Behörden interessieren sich für FireWatch, eine Technologie, mit der Waldbrände schnell und zuverlässig entdeckt werden können.
FireWatch ist ein optischer Sensor, der sich auf der Spitze eines Beobachtungsturms innerhalb weniger Minuten um 360 Grad dreht. Alle zehn Grad werden drei Bilder aufgenommen und anschließend mit einer speziellen Software ausgewertet. Wird Rauch identifiziert, so geht eine Meldung an die Waldbrandzentrale, die Löschtruppen alarmiert.
„FireWatch ist das weltweit am häufigsten eingesetzte System, um Brände im frühen Stadium zu entdecken“, erklärt Ekkehard Kührt vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Adlershof. Mittlerweile sind fast 300 Anlagen aus Adlershof weltweit im Einsatz. Sie kontrollieren insgesamt fünf Millionen Hektar Wald. Die Qualität des Frühwarnsystems überzeugte die amerikanische Space Foundation so sehr, dass sie Kührt und seine Mitstreiter vom DLR für die Entwicklung und die erfolgreiche Vermarktung von FireWatch auszeichnete.
Die Wissenschaftler wurden vor Kurzem in die „Space Technology Hall of Fame“ aufgenommen. Diese Ehrung erhielten in Colorado Springs auch das DLR selbst sowie der Lizenznehmer IQ wireless als „Innovating Organization“. Erstmals wurde die Auszeichnung an Preisträger außerhalb der USA vergeben.
Seinen Ursprung hat FireWatch in der Raumfahrt. Der optische Sensor geht auf eine Kamera zurück, die für die europäische Raumsonde „Rosetta“ entwickelt wurde. Die Software zur Raucherkennung hat ihre Wurzeln in der Bildverarbeitung, mit der sich Wolken auf dem Mars oder die Atmosphäre von Kometen analysieren lassen. Der kreative Mix dieser Komponenten führte zu einem Pilotprojekt, das Ende der 1990er-Jahre den Test zum fixen und zuverlässigen Feueralarm in Brandenburgs Wäldern bestand.
Die Ausschreibung zur kommerziellen Nutzung der DLR-Technologie in Brandenburg gewann mit IQ wireless eine auf Funktechnologie spezialisierte Firma, die ebenfalls in Adlershof zu Hause ist. Gemeinsam entwickelten die Teams um Kührt und Vogel das System weiter. Es bewährte sich sowohl im flachen Brandenburg oder Mecklenburg, als auch im hügeligen Sachsen. „Heute sind wir international aktiv, im platten Kasachstan ebenso wie im zerklüfteten Zypern oder im bergigen Balkan“, sagt Nachrichtentechniker Vogel. An die unterschiedlichen Verhältnisse müssen die Algorithmen angepasst werden, denn Rauch sieht je nach Bewuchs, Gelände und Klima anders aus.
In Deutschland liegt die Waldbrandüberwachung ganz in der Verantwortung von FireWatch. Laut Statistik ist die verbrannte Fläche in Brandenburg seit Einführung von FireWatch um etwa ein Drittel zurückgegangen. Die Kosten des optischen Systems liegen um 20 Prozent niedriger als bei alleiniger Überwachung durch Menschen. Die Rate der Fehlalarme von derzeit zwei Prozent weiter zu senken, ist ein ehrgeiziges Ziel. Verbesserte Computer- und Sensortechnologie soll die Zahl der Bilder auf das Drei- bis Vierfache anheben. Das erleichtert die Anpassung an die unterschiedlichen klimatischen Bedingungen des FireWatch-Einsatzes.
von Paul Janositz
Internet:
www.iq-wireless.com
www.dlr.de/Berlin