Bye Bye BIRD – Satellit FireBIRD verglüht
Als erster DLR-Kleinsatellit erkundete BIRD Hochtemperaturereignisse auf der Erde und diente als technologisches Vorbild
Nach 22 Jahren im Orbit trat der Kleinsatellit BIRD am 11. Oktober 2023 in die Erdatmosphäre ein und verglühte dabei vollständig. BIRD war der erste Kleinsatellit, der vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt wurde. Er wurde speziell für die Erkennung und Untersuchung von Hochtemperaturereignissen wie Vegetationsbränden und vulkanischen Aktivitäten ausgelegt. Durch seine neuartige zwei-kanalige Infrarot-Sensorik gelang es erstmalig, sowohl für kleine als auch für sehr große Brände die Feuertemperaturen und -flächen aus dem Weltall zu bestimmen.
„BIRD war der erste Satellit im Weltraum, der speziell für die Erkennung und Untersuchung von Bränden ausgelegt war. Dazu entwickelte das DLR eine neue Generation von Infrarotsensoren“, erklärt Dr. Anke Pagels-Kerp, Bereichsvorständin Raumfahrt im DLR. „2003 unterstützte BIRD die Katastrophenhilfe bei der Bekämpfung von Waldbränden in Portugal, Westspanien und Kalifornien. BIRD war damals weltweit der einzige Satellit, der hochaufgelöste Daten von irdischen Hochtemperaturereignissen lieferte“, blickt Pagels-Kerp auf die erfolgreiche Mission zurück.
Missionsarchitektur von BIRD: geringes Budget führte zu neuen Lösungen
Mit BIRD wurde Ende der 1990er Jahre ein leistungsfähiger Kleinsatellit im DLR geschaffen, mit dem innovative wissenschaftliche und technologische Experimente durchgeführt wurden. Für insgesamt 15 Millionen Euro wurde BIRD in nur fünf Jahren in Berlin-Adlershof entwickelt, gebaut und getestet. Am 22. Oktober 2001 wurde er in den Orbit gebracht und dort zweieinhalb Jahre sehr erfolgreich betrieben.
Der enge Kostenrahmen der BIRD-Mission erforderte die Umsetzung einer „Design-to-Budget“-Entwurfsphilosophie. Somit kam nur der Mitflug mit einem größeren Hauptsatelliten in Frage. Der Satellit selbst durfte nicht wesentlich schwerer als 100 Kilogramm sein und die Mission musste sich leicht an verschiedene Startbedingungen anpassen lassen. Vorteil dabei war, dass BIRD, um in seinem angenommenen Orbit zwischen 450 und 850 Kilometer Höhe und mit Bahnneigungen größer 53 Grad arbeiten zu können, kein eigenes Antriebssystem benötigte. Da das BIRD-Bodensegment aus Kostengründen auf Deutschland begrenzt war, musste sein Raumsegment bereits teilautonom agieren.
„Die engen Kostengrenzen beim Bau des BIRD-Raumsegments führten damals zu neuen Lösungen: Für die konzipierte Lebensdauer des Satelliten von einem Jahr musste in der Bauteilauswahl eine gemischte Strategie gewählt werden. Nur an extrem kritischen „Knoten“ fanden wenige, aber teure „weltraumqualifizierte“ Bauteile Verwendung, aber vorwiegend wurden industrietypische Bauteile eingesetzt. Das damit verbundene erhöhte Risiko wurde reduziert durch ein ausgeklügeltes Redundanzkonzept, extensive Modell- und Testphilosophien auf Systemebene, ein angepasstes Risiko-Managementsystem und eine konsequente Umsetzung eines zugeschnittenen Qualitätssicherungssystems“, erklärt der ehemalige BIRD-Projektleiter Prof. Klaus Brieß.
Die BIRD-Mission als Wegbereiter
BIRD wurde bis 2004 für wissenschaftliche Zwecke betrieben. In dieser Zeit wurden etwa 360 Aufnahmestreifen, meist über Hochtemperaturereignissen, durchgeführt und ausgewertet sowie die Ergebnisse wissenschaftlich publiziert.
Als „Infrarot-Lupe“ registrierte BIRD die Hochtemperaturereignisse im Subpixel-Bereich und setzte damit international neue Maßstäbe in der experimentellen Feuerfernerkundung. Das betrifft unter anderem die präzise energetische Bewertung der von Feuern nach oben aufsteigenden Strahlungsleistung, der sogenannten Fire Radiative Power (FRP).
„Zudem lieferte BIRD einmalige Datensätze für internationale Studien wie zum Beispiel die von der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) ausgearbeitete ECOFIRE-Studie ‘Scientific Assessment of Space-borne High Temperature Event Observing Mission Concepts’, in deren Rahmen auch die Anforderungen an das sogenannte ‘IR Element’ als mögliche (aber nicht realisierte) Nutzlast der Sentinel-2-Satelliten im GMES-Programm (heute Copernicus) der Europäische Union und der ESA formuliert wurden“, sagt der ehemalige Wissenschaftskoordinator der BIRD-Mission am DLR in Berlin-Adlershof Prof. Dieter Oertel.
Neben der Waldbranderkennung wurde BIRD auch bei der Brandbekämpfung eingesetzt. In Kooperation mit dem Global Fire Monitoring Center (GFMC) lieferte BIRD beispielsweise bei einem Großfeuer in Portugal im Juli/August 2003 Daten über Feuertemperatur und Feuerkoordinaten, die örtliche Behörden bei der Brandbekämpfung nutzten.
„Der BIRD-Satellit diente als technologisches Vorbild für mehrere deutsche Kleinsatelliten. Die aus der Mission gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen waren Wegbereiter für die nachfolgende DLR-FireBIRD-Mission, die aus den Satelliten TET-1 (Technologie-Erprobungsträger) und BIROS (Berlin InfraRed Optical System) bestand“, resümiert Dr. Winfried Halle vom DLR-Institut für Optische Sensorsysteme den Erfolg der Mission.
Entwicklung, Bau und Datenverarbeitung
Entwickelt und gebaut wurde BIRD in Berlin-Adlershof im DLR-Institut für Weltraumsensorik, aus dem das heutige DLR-Institut für Optische Sensorsysteme hervorging. Beteiligt an der BIRD-Satelliten-Softwareentwicklung war auch die damalige DLR-Abteilung Simulation und Softwaretechnik aus Braunschweig. Wertvolle Beiträge zu BIRD wurden von den externen Kooperationspartnern Fraunhofer FIRST, Astro- und Feinwerktechnik Adlershof GmbH, Technische Universität Berlin und Jena Optronik GmbH geleistet. Das BIRD-Bodensegment bestand aus dem Raumfahrt-Kontrollzentrum GSOC (German Space Operations Center) in Oberpfaffenhofen, der Primärbodenstation in Weilheim zur Satellitensteuerung und -kontrolle sowie der Bodenstation des Deutschen Fernerkundungs-Datenzentrums (DFD) in Neustrelitz zum Empfang, zur systematischen Verarbeitung, zur Archivierung und zur Verteilung der wissenschaftlichen Daten.
Kontakt
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin-Adlershof
Melanie-Konstanze Wiese
Kommunikation
+49 30 67055-639
Dr.-Ing. Winfried Halle
Projektleiter
Institut für Optische Sensorsysteme
www.dlr.de/os
Pressemitteilung DLR vom 12.10.2023