Der Geburtshelfer
Dirk Radzinski verhilft Ideen zum Fliegen
Dirk Radzinskis „Jugend forscht“- Projekt sollte die Hygiene in deutschen Zügen verbessern. Bis heute setzt er Ideen aufs richtige Gleis. Ob als ehemaliger Betreiber eines Internet-Start-ups, Initiator der Forschungstransferstelle der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) oder Mitbegründer des Biotechunternehmens Cyano Biofuels.
Dirk Radzinskis Teilnahme am Nachwuchswettbewerb „Jugend forscht“ war eher zufällig. Bei einer gemeinsam mit einem Freund unternommenen Bahnreise nach Sylt drängte sich den 14-jährigen Schülern die Frage auf, ob die damals in Zügen gebräuchlichen „Plumpsklos“ hygienisch unbedenklich seien. Kurzerhand organisierten sich die beiden Jungforscher ein seltenes Bakterium, setzten es in der Zugtoilette aus, nahmen am nächsten Bahnhof Abstriche und konnten dabei die normalerweise nicht vorhandenen Winzlinge nahezu am kompletten Zug nachweisen. Damit war klar, dass sich auch die nicht unbedenklichen WC-Bakterien fröhlich im Zug verwirbeln. Diese Entdeckung brachte Radzinski und seinem Freund 1986 den Bundessieg im „Jugend forscht-Wettbewerb” und die Bahn zum Nachdenken: Drei Jahre später fuhren die ersten Züge mit Chemietoiletten.
Nach der Schule studierte Radzinski Rechtswissenschaften und Betriebswirtschaftslehre – der Numerus clausus von 1,0 verhinderte das sofortige Biochemiestudium – und gründete im Anschluss sein eigenes Internetunternehmen, das Dienstleistungen vermittelte. Das Start-up mit 70 Mitarbeitern scheiterte, als 2002 die Internetblase platzte. Radzinski sagt, er habe in jener Zeit „wahnsinnig viel gelernt“ und arbeitete im Anschluss als Jurist in Deutschland und England. Und wieder war es der Zufall, der den heute 40-Jährigen zu seinem nächsten Job führte: Am Hauptgebäude der Berliner HU, das auf Radzinskis Arbeitsweg lag, wurde per Aushang ein „Referent für innovative Forschungskooperation“ gesucht. Perfekt für den Mann mit den „Macher-Genen“: Er initiierte die Gründung einer privatrechtlichen Wissens- und Technologietransferstelle, um so wenig bürokratisch und auf Augenhöhe mit der Wirtschaft verhandeln zu können, und wird schließlich Geschäftsführer der Humboldt-Innovation GmbH. Die richtige Entscheidung, denn das Unternehmen mit heute 100 Mitarbeitern hat bis dato über 500 Forschungsprojekte und 35 „Spin-offs“ betreut.
Vom Vorhaben der HU-Biologen Dan Kramer und Heike Enke, mit transformierten Cyanobakterien den Biotreibstoff Ethanol zu produzieren, ist Dirk Radzinski so überzeugt, dass er gemeinsam mit ihnen die Cyano Biofuels gründet und sich langsam aus den Geschäften der Humboldt-Innovation zurückzieht. Bei Cyano kümmert er sich um „alles, was Nicht-Forschung“ ist, wie Finanzen, Businessplan und Lizenznehmer. Im Februar 2012 werden die Praxistests in einer Pilotanlage in Florida zeigen, ob der Traum von einer umweltfreundlichen Treibstofffabrik Realität werden kann. Sicher ist, dass dies wohl nicht die letzte Station ist, bei der Dirk Radzinski Ideen zum Fliegen verhilft.
Von Peggy Mory
Internet: http://www.cyano-biofuels.com/index.html