Die Ausdauernde
Jessica Gosse ist Ingenieurin und erfahrene Staffelläuferin
Es war der „Girls‘Day“, der „Mädchen-Zukunftstag“ des Jahres 2013, an dem sich Jessica Gosses weiterer Werdegang entschied. Die damals 14-Jährige durfte hineinschnuppern in das Adlershofer Unternehmen AEMtec und war auf Anhieb überzeugt. Das Kürzel AEM steht für „Assembly“, „Engineering“ und „Manufacturing“. Die Firma, die mit derzeit rund 270 Mitarbeitenden in der James-Franck-Straße über zwei Büroetagen und einen Reinraum als Fertigungsstätte verfügt, entwickelt und produziert komplexe elektronische Mikrosysteme etwa für Zwecke der Medizintechnik.
Fasziniert habe sie damals, „wie klein das alles ist“, sagt Gosse. Da sei mit Drähten hantiert worden, die nicht einmal so dick gewesen seien wie ein einziges Haar. Beeindruckt hat sie auch, „wie sehr Mikrosysteme unser Leben erleichtern. Es wäre heute ja gar nicht mehr möglich, ohne auszukommen.“
Seit 2001 dient der alljährliche „Girls‘Day“ dem Anliegen, bei Mädchen und jungen Frauen Begeisterung für naturwissenschaftliche und technische Berufe zu wecken. Diese Erwartung hat Jessica Gosse gänzlich erfüllt. Bereits 2014 absolvierte sie ein Praktikum bei AEMtec und begann nach dem Abitur 2017 dort eine Ausbildung zur Mikrotechnologin. Damals erfuhr sie auch von der Adlershofer Tradition des Firmenstaffellaufes. Ein Ausbilder fragte, ob sie Lust habe, mitzumachen. Sie hatte.
Der Bewegungsdrang begleitet sie schließlich von Kindesbeinen an. Mit sechs Jahren trat sie in Rudow, wo sie aufgewachsen ist, dem örtlichen Tanzverein bei, mit dem sie bis heute an Turnieren teilnimmt. Sie joggt gerne und ausdauernd, gelegentlich auch auf dem Laufband im Fitnessstudio. Den Weg von ihrem heutigen Wohnort Schöneweide zum Arbeitsplatz legt sie in der Regel auf dem Fahrrad zurück.
Mittlerweile nahm Gosse 2020 an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Schöneweide ein vierjähriges Studium der Mikrosystemtechnik auf, blieb dabei der AEMtec als Werkstudentin verbunden. Thema ihrer Bachelorarbeit ist die Frage, wie sich eine bestimmte Lötlegierung, die bei der Herstellung von Mikrosystemen Chips und Leiterplatten verbindet, unter Bedingungen stark schwankender Temperaturen verhält.
Wer bei Gosse eine Neigung vermutet, konsequent bei dem zu bleiben, was sie einmal angefangen hat, hört keinen Widerspruch. Vielmehr: „Ja genau, das passt gut.“ Das gilt für ihre Arbeit bei AEMtec. Es gilt nicht weniger für die Ausdauer, mit der sie Jahr für Jahr zum Staffellauf antritt, und den Aufwand, mit dem sie sich vorbereitet. Einmal in der Woche legt sie vorher die 2,9 Kilometer lange Laufstrecke zurück, den Rundweg um den heutigen Landschaftspark, den einstigen Flugplatz Johannisthal.
Dass ihr Arbeitsplatz gleich nebenan liegt, ist eine der Besonderheiten, die sie an Adlershof schätzt. Wie sie den Ort beschreibt, macht deutlich: Hierherzugehören, ist für sie etwas Besonderes. Sie nennt das „sehr zukunftsorientierte“ Arbeitsklima, findet beeindruckend, „was da alles erforscht wird“, erwähnt „herzliche“ Begegnungen. „Wie so eine Zukunftsstadt“ komme ihr das Areal zu beiden Seiten der Rudower Chaussee vor.
Seit 2017 hat Gosse in Adlershof keine Firmenstaffel ausgelassen. Beim Staffellauf hat sie beobachtet, „sind jedenfalls immer die Gleichen am Start, sie kennt sie mittlerweile.“ Auch so wächst Zugehörigkeit. Um Rekorde geht es nicht. Immerhin: 2023 belegte das AEMtec-Team unter 271 teilnehmenden Gruppen einen achtbaren 17. Platz.
Dr. Winfried Dolderer für Adlershof Journal