Die energieeffiziente Stadt von morgen
Interview mit den Leitern des Projektes „HighTech – LowEx“
Mit dem Projekt „HighTech – LowEx: Energieeffizienz Berlin Adlershof 2020“ wird erstmals ein umfassendes Energiekonzept für ein komplexes städtisches Gebiet mit Wissenschafts-, Forschungs-,Gewerbe- und Wohnnutzung erarbeitet. Adlershof soll zur Benchmark im Energiesparen werden. Wie, das sagen WISTA-Projektleiterin Beate Mekiffer und Joachim Sichter, Projektleiter der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin.
Was ist das Ziel des Projektes?
Sichter: Unser Ziel ist es, den Energieverbrauch des Gesamtareals trotz Erweiterung und sich ändernder Rahmenbedingungen signifikant zu senken. Der Fokus liegt dabei auf der Primärenergieeinsparung, die im Vergleich zum „Business as usual“, also einem Vergleichsszenario, bis 2020 mindestens 30 Prozent betragen soll.
Mekiffer: Dieses Ziel soll zum Einen über Einsparungen im Bestand und zum Anderen darüber erreicht werden, dass auch in den noch zu bebauenden Flächen frühzeitig die Voraussetzungen für Effizienz geschaffen werden. So ist vorgesehen, dort mit einer medienübergreifenden Planung der Energieinfrastruktur eine effiziente Versorgung zu ermöglichen.
Welche Maßnahmen sieht das Konzept vor?
Mekiffer: Das Energiekonzept sieht die energetische Verbesserung und Vernetzung von Gebäuden und Anlagen vor, die Nutzung von Abwärme und regenerativen Energien sowie den Aufbau eines intelligenten Energienetzes. Die einzelnen Maßnahmen reichen von Beleuchtungskonzepten über Gebäudehüllensanierung und deren Klimatisierung, die Verbesserung der Regelungstechnik bis hin zur intelligenten Vernetzung der Strom-, Gas- und Wärmeversorgung.
Sichter: Hilfreich ist vor allem, dass wir die exzellente Nahwärmeversorgung in dem Gebiet ausbauen können. Außerdem soll es Energieberater geben, die Firmen über die Möglichkeiten und Synergien aufklären. Denn nicht jedem ist klar, was machbar ist.
Was ist aus Ihrer Sicht das Besondere an dem Projekt?
Mekiffer: Einmalig ist die breite Datenbasis für das Energiekonzept eines ganzen Standortes. Ingenieure ermittelten in einer Feinanalyse Daten zur Bebauung, zur Gebäude- und Flächennutzung, zur Energieinfrastruktur und –versorgung sowie zum Energiebedarf in Adlershof. Basierend darauf erstellten sie Prognosen über den künftigen Verbrauch, wenn der Standort vollständig ausgelastet ist. Gemeinsam mit der TU wurden Effizienzpotenziale identifiziert und Technologien zu deren Erschließung.
Sichter: Bislang gibt es keine Institution, die über Gebäude hinaus für ganze Stadtareale ein übergreifendes Energiekonzept entwickelt. Und nachdem unser Konzept in die Zukunft gerichtet ist, sind wir hier nicht zu schneller Reaktion verdammt. Wir können langfristig und innovativ planen.
Wer verbraucht am meisten Energie – und wie können gerade diese Bedarfe gesenkt werden?
Mekiffer: Einige Technologie- und Forschungseinrichtungen habeneinen sehr hohen Energiebedarf für ihre Prozesse und Forschung. Der lässt sich nicht nennenswert senken. Primärenergetisch lassen sich solche Einrichtungen optimieren, wenn sie über dezentrale BHKW zur Verbesserung des PE-Faktors für Strom beitragen. In puncto Endenergie lassen sich über Gesamtoptimierungen von Heizung, Beleuchtung und Klimatisierung Einsparungen erreichen.
In Adlershof werden die Weichen für die energieeffiziente Stadt von morgen gestellt – was bedeutet das für Institute und Unternehmen am Standort?
Sichter: Es macht den Hochtechnologiestandort als solchen noch attraktiver, weil eine sichere, ökonomische und ökologische Energieversorgung nicht nur Kosten spart, sondern zukunftsfähig macht und bei sich Ansiedelnden für Investitionssicherheit sorgt.
Wie können künftig andere Städte von dem Projekt profitieren?
Mekiffer: Mit dem Versorgungskonzept möchten wir auch für andere Nutzungsgebiete ähnlicher Struktur Planungsinstrumente schaffen. Vor allem für gemischt genutzte Areale mit Forschungseinrichtungen, Technologieunternehmen, Produktion und Gewerbe dürfte das interessant sein. Wir verfolgen auch eine wissenschaftliche Zielsetzung: Bei der Erstellung von Energiekonzepten werden oft, etwa aus Zeitmangel, einige Optionen ausgeklammert. Insbesondere zu solchen Themen soll der Verbund neue Erkenntnisse und Ansätze liefern. Solche Themen sind innovative lokale Einspeisemöglichkeiten, effiziente Abwärmenutzung, Kühl- und Klimatisierungsstrategien und Energiehybridsysteme wie Power to Gas (P2G) oder Power to Heat (P2H).
Von Chris Löwer für Adlershof Special