Die freiwilligen Flüchtlingskoordinatoren im Technologiepark Adlershof
Im Gespräch mit Kezban Saritas und Ralph Langanke
Seit etwas mehr als einem halben Jahr sind Kezban Saritas und Ralph Langanke ein starkes Team, wenn es in der Wissenschaftsstadt Adlershof um die Integration von Flüchtlingen geht. Sie organisieren monatlich Internationale Abende als Begegnungsplattform, koordinieren Hilfsangebote, werben für Patenschaften. Ein Mammutprojekt, das die beiden neben ihrem Vollzeitjob bei der WISTA-MANAGEMENT GMBH stemmen.
-> Weitere Informationen zu Flüchtlingen in Adlershof: www.adlershof.de/refugees
Saritas leitet das Zentrum für Photovoltaik und Erneuerbare Energien, Langanke ist Projektleiter eines Inkubatorlabors für Gründungsvorhaben aus der Chemie, kurz Inkulab. Hoffnung und Motivation an die Flüchtlinge weiterzugeben, sind für die Wirtschaftswissenschaftlerin Saritas, die gern ein Polyglott wäre, und den Maschinenbauingenieur Langanke, der in seiner Freizeit das Tanzbein schwingt, eine Herzensangelegenheit.
Was war Ihre erste Berührung mit Migranten?
Saritas: Ich bin selbst Migrantin, geboren in der Türkei. Mit neun Jahren kam ich im Rahmen der Familienzusammenführung nach Dortmund, besuchte dort eine Willkommensklasse in der Schule und lernte schnell Deutsch. Dennoch, das Gefühl, dass man anders ist, begleitete mich lange.
Langanke: Ich war neugierig und habe Mitte der 1990er-Jahre an einem Camp der Stiftung Weltethos teilgenommen. In den Tiroler Bergen trafen eine Gruppe Juden, Christen, Muslime aufeinander. Wir haben viel über Toleranz diskutiert, das hat meine Sichtweise auf die Menschen und Religionen erweitert. Migration war auch ein Thema, als ich nach dem Mauerfall Erziehungswissenschaften an der Technischen Universität Berlin studiert habe.
Wie entstand die Idee für den Internationalen Abend?
Saritas:Das war im November 2015 beim Lunch Club des Vereins Forum Adlershof. Wir wollten das Flüchtlingsthema proaktiv angehen und haben uns gefragt: Wie können wir als Adlershofer gemeinsam helfen? Auch als Standortbetreiber wollten wir Flagge zeigen. Zu den Initiatoren zählten mehrere Mitglieder des Forum Adlershof e. V., die das Projekt auch begleiten. Das Kernteam sind heute Rechtsanwalt Ulrich Zacharias, Ralph Langanke und ich.
Langanke: Am Anfang ging es ums Sondieren und Aufbereiten: Welche Notunterkünfte haben wir im und rund um den Technologiepark? Was gibt es schon für Hilfsinitiativen?
Was ist Ziel der Internationalen Abende?
Langanke: Unser Schwerpunkt ist die Integration von Flüchtlingen in den Berufs- und Bildungsmarkt. Wir laden Flüchtlinge aus Unterkünften in Treptow-Köpenick und potenzielle Arbeitgeber des Technologieparks ein, um beim Anbahnen von Kontakten zu unterstützen. Ein von uns entwickelter Fragebogen, mit dem wir Ausbildungsgrad, Sprachkenntnisse und Berufswünsche der Bewerber erfassen, hilft dabei.
Gibt es schon erste Erfolge?
Saritas: Erste Kontakte sind geknüpft, aber um einen Flüchtling zu beschäftigen, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Das erfordert Geduld. Die Helmholtz-Gemeinschaft sowie die AEMtec GmbH haben bereits Flüchtlinge integriert. Ich weiß von einigen Adlershofer Firmen, dass sie in diesem Jahr die Einstellung von Flüchtlingen geplant haben. Auch die WISTA will in diesem Jahr zwei Auszubildende in ihrem Unternehmensverbund aufnehmen.
Langanke:Das Projekt hat große Strahlkraft nach außen: Es gibt Kooperationsangebote von außen und einen enormen Zulauf über Treptow-Köpenick hinaus.
Was nehmen Sie mit aus Ihrer Flüchtlingsarbeit?
Saritas: Auch wenn es viel Arbeit ist, ich möchte in der Gegenwart Spuren für die Zukunft setzen, den Menschen Motivation und Zuversicht geben.
Langanke: Wir erleben eine Zeit des Umbruchs. Ich finde es spannend, einen Ansatz zu wählen, der den Menschen neue Wege aufzeigt. Dazu gehört es, offen zu sein für eine andere Kultur und voneinander zu lernen.
Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?
Saritas: Ich habe parallel noch einen Intensivlehrgang zur Energiemanagerin gemacht, da blieb kaum Muße. Wenn Luft ist, fordert mich meine siebenjährige Tochter. Hobbys habe ich viele, Sprachen lernen gehört dazu. Neben Türkisch, Deutsch, Englisch spreche ich etwas Italienisch und Spanisch. Jetzt lerne ich Französisch im Selbststudium. Sprachen verbinden – das ist mir wichtig.
Langanke: Ich spiele regelmäßig Beach Volleyball und tanze gern, am liebsten Tango und Salsa. Fotografieren ist eine weitere Leidenschaft.
Das Gespräch führte Sylvia Nitschke für Adlershof Journal