Effektivere Solarzellen: Es geht auch ohne Reinstsilizium
Adlershof ist ein bedeutender Standort für die Energieforschung – etwa die klimafreundliche Stromerzeugung mit Solarzellen. Der Preis für die Stromerzeugung mittels Photovoltaik hängt nicht zuletzt von den Produktionskosten für die Solarzellen ab. Die sogenannten Wafer, die hochreinen Siliziumrohlinge, aus denen später die Zellen gefertigt werden, sind sehr teuer.
„Lange Zeit wurde für deren Herstellung Silizium verwendet, das eigentlich für mikroelektronische Bauelemente gedacht ist und einen Reinheitsgrad von mindestens 99,9999999 Prozent Silizium aufweist, also wesentlich weniger als ein Millionstel Verunreinigungen hat“, sagt Fritz Kirscht, Geschäftsführer der Firma CaliSolar GmbH in Adlershof. Um Rohsilizium, das bis zu 99 Prozent sauber ist, auf diesen extremen Reinheitsgrad zu bringen, ist ein äußerst aufwendiges und energieintensives Verfahren nötig. „Solarzellen funktionieren aber auch mit Silizium, das nicht diese herausragende Reinheit hat, also sparen wir uns diese Spezialbehandlung.“
CaliSolar, mit Stammsitz in Kalifornien, hat im Februar ein Unternehmen in den Verbund geholt, das mit einem speziellen Verfahren „nur“ etwa 99,9999 Prozent reines Silizium preiswert herstellen kann, berichtet Kirscht. „Wenn man die Gesamtenergiebilanz anschaut, liefern Module mit unseren Solarzellen weitaus früher klimafreundlichen Strom als andere Anlagen.“
Fremdelemente unerwünscht
Mittlerweile habe es die Firma geschafft, dass die „unreinen“ Solarzellen eine ähnliche Qualität erreichen wie die aus „sauberem“ Ausgangsmaterial. Die Effizienz für multikristalline Zellen zum Beispiel liegt bei branchenüblichen 16 Prozent, sagt Kirscht. Nun gilt es, den Reinigungsprozess für das Silizium noch weiter zu vereinfachen.
„Unterstützende Forschung und Entwicklung dazu geschieht vor allem hier in Adlershof mit unseren knapp 30 Mitarbeitern“, sagt Kirscht. Hier werden Verfahren entwickelt, mit denen einerseits die unerwünschten Fremdelemente mit noch weniger Energieaufwand aus dem Rohsilizium geholt werden und zugleich maßgeschneiderte Kristalle für die folgende Zellherstellung entstehen.
Werkzeuge der Solarbranche
Die sächsische Firma Roth & Rau, die im vergangenen Jahr ein Büro in Adlershof eröffnet hat, arbeitet ebenfalls an der Solartechnologie. Sie stellt die Solarzellen aber nicht selbst her, sondern entwickelt die Fertigungsanlagen, gewissermaßen die „Werkzeuge“ der Solarbranche. Sie stehen etwa in China, Indien, Singapur, den USA und Deutschland.
Eine Schlüsseltechnik der Firma ist ein Verfahren zur Beschichtung der Zellen mit Siliziumnitrid. Dadurch entsteht eine Antireflexschicht. Sie sorgt dafür, dass das einfallende Licht nicht an der Solarzelle reflektiert wird, sondern möglichst viel Strahlung eindringt und dort zu Elektroenergie umgewandelt werden kann. Die Beschichtung verleiht den normalerweise grauen Solarmodulen ihren typischen blauen Farbton.
In Adlershof soll vor allem der neue Produktzweig, die Kristallisation, weiterentwickelt werden. Damit wird die Fertigung der Siliziumrohlinge für die Solarzellenproduktion bezeichnet. „Mit der Niederlassung in Adlershof können wir die bestehenden Kontakt zum hiesigen Standort noch intensiver nutzen“, sagt Georg Roters, Leiter Produkt Management bei Roth & Rau. „Die Kooperationen, beispielsweise mit dem Leibniz-Institut für Kristallzüchtung, sind sehr wichtig, um unsere Forschungs- und Entwicklungsarbeit auf diesem Gebiet voranzutreiben.“ Dazu will die Firma demnächst auch ein eigenes Labor eröffnen, in dem die Herstellung der Hightech-Werkstoffe optimiert werden soll.
von Ralf Nestler