Ein Theater für Adlershof
Kathrin Schülein will mit Spenden ein ehemaliges Fernsehtheater wiederbeleben
Fast 2.000 neue Wohnungen entstehen in und um die Wissenschaftsstadt. Die ersten Bewohner erfüllen das neue Quartier mit Leben. Gut geplanter Wohnraum mit viel Grün drum herum, allen Verkehrsmitteln und einem abwechslungsreichen gastronomischen Angebot vor der Tür. Und die Kultur? Die fehlt. Noch, denn es regt sich etwas. Kathrin Schülein will an traditionsreicher Stelle das erste Theater in Adlershof eröffnen. Dabei können Adlershofer Firmen, deren Mitarbeiter und die Menschen, die hier bald wohnen werden, sogar helfen – über ein Crowdfunding-Projekt. Am 31. Dezember soll mit der Operette „Im weißen Röss‘l“ Eröffnung gefeiert werden.
Ein Haus voller Geschichte
Ein Theatersaal mit 160 Plätzen und eine kleine Spielstätte mit etwa 80 Plätzen im Foyer, das ist der Traum von Kathrin Schülein und ihren Mitstreitern. Schülein ist neben dem Gebäudeverwalter, der hier seine Büros hat, seit vielen Jahren die Einzige, die mit ihrer Tanzschule art changé und ihrer Tanzcompagnie das alte, denkmalgeschützte Gebäude an der Moritz-Seeler-Straße mit Leben erfüllt. Es ist ein Haus voller Geschichte – Theatergeschichte sogar. Das 1952 errichtete zweigeschossige Gebäude ist das einzige noch erhaltene Fernsehstudio der „Aktuellen Kamera“, dem einstigen Nachrichtenflaggschiff des DDR-Fernsehens. Hinter der fast 20 Meter langen Spiegelwand in Schüleins Probenraum befindet sich ein vollständiges Theater. „500 Plätze, Raum wäre also noch für viel mehr.“
Seit mehr als 20 Jahren sucht das Land einen Käufer für das Gebäude. „Allerdings mit der Bedingung einer Medien- und Kulturnutzung, was das Unterfangen erheblich schwieriger macht“, erklärt Schülein. Lange hat sie selbst schon ein erstes Konzept für die Nutzung des Hauses in der Tasche. Anfang dieses Jahres hat sie es auf das ganze Haus ausgeweitet. 24 Seiten voller Ideen. Jahrelang haben Schülein und ihr Team aus Tänzern, Schauspielern, Sängern und Technikern Zeit, Nerven und viel Geld investiert, hier immer wieder Vorstellungen gegeben und somit auch zum Erhalt des Baus erheblich beigetragen. „Wir haben ja schon ein halbes Theater“, sagt Schülein scherzhaft, „doch das ist auch nur das ‚halbe Röss’l’“.
Unterstützer gesucht
Für die andere Hälfte soll das Crowdfunding-Projekt helfen, dass Schülein vor kurzem auf der Plattform www.startnext.com gestartet hat. „Denn kulturbesessene Investoren sind selten“, weiß Schülein inzwischen. Beim Crowdfunding wenden sich Menschen, die eine Idee, ein Projekt finanzieren wollen, über das Internet direkt an die Öffentlichkeit. Dort stellen sie ihre Projekte vor und versuchen, möglichst viele dafür zu begeistern und für eine gemeinschaftliche Vorabfinanzierung zu gewinnen. Interessenten stellen zumeist kleinere Beträge zur Verfügung. Sie sind die „Crowd“ – die Menge, die die Verwirklichung des Projektes ermöglicht. Viele kleine Beiträge ermöglichen das Große. Dafür erhalten sie in der Regel eine Gegenleistung. Es geht hier auch um emotionale Beteiligung am Projekt, das erst realisiert wird, wenn sich genügend Unterstützer gefunden haben und die Zielsumme erreicht ist. So wurden schon viele Filme gedreht, Reportagen recherchiert, Medikamente entwickelt, Bücher gedruckt, soziale Projekte gefördert und Unternehmen gegründet, die üblicherweise wenig Chancen zur Realisierung über klassische Finanzierungswege hätten.
Auch gegen große Beträge hat Schülein nichts, fügt sie mit einem Augenzwinkern hinzu. Mit der Lottostiftung ist sie im Gespräch, der Bundestagsabgeordnete Gregor Gysi hat sich über das Projekt informiert und auch der Kultursenator will vorbeischauen. Aber dabei sind Ergebnisse noch Zukunftsmusik. 20.000 Euro sind das erklärte Finanzierungsziel der aktuellen Crowdfunding-Aktion. Damit sollen zunächst die Bühne, die neun mal acht Meter breit werden soll, Licht- und Tontechnik, Stühle und eine beleuchtete Außenreklame finanziert werden. Bis zum 28. September müssen mindestens 16.500 Euro zusammenkommen, sonst geht auch alles bereits gesammelte Geld zurück an die Unterstützer. Mehr als 130 Fans hat die Theateridee auf der Crowdfunding-Seite bereits. Auch eine eigene Facebook-Seite informiert über den aktuellen Stand.
Und schon jetzt kann man in der Moritz-Seeler-Straße gelegentlich Theaterluft schnuppern. Wann Schwester Cordula das nächste Mal vorbeikommt, um über Ihre Vorliebe für Arztromane zu sprechen, das erfährt man auf der Theater-Webseite.
Von Rico Bigelmann für Adlershof Journal
www.startnext.com/theater-adlershof
Finanzierungszeitraum: 15.7. bis 28.9.2015, 23.59 Uhr
Finanzierungsziel: 20.000 Euro
Finanzierungsschwelle: 16.500 Euro (Betrag, ab dem das Projekt realisiert werden kann)