Groß geworden in Adlershof
Von der Labor-Idee bis zum Industriebetrieb
Am Anfang ist es nicht mehr als eine Idee – aber eine richtig gute. Geboren in wissenschaftlichen Instituten und groß gezogen im Technologiepark Adlershof. Wissenschaftler, die den Sprung ins Unternehmertum wagen, wachsen hier schnell und stärken wiederum den Standort. Nach Erfolgsgeschichten muss man nicht lange suchen.
Nikolaus Meyer wird in den Medien schon mal als „Sonnenkönig“ tituliert. Das liegt nicht unbedingt an dem strahlenden Lächeln des 37-jährigen Physikers. Sondern eher daran, dass er als Gründer und Chef der Sulfurcell Solartechnik GmbH als einer der Treiber der Sonnenkollektorindustrie gilt. Branchenkenner der britischen Zeitung Guardian haben die Adlershofer Firma unlängst auf Platz 6 der „Europe’s 100 hottest clean technology companies“ gewählt.
Solarteile im Nadelstreifen-Look
Dass Meyer in der ersten Liga der Energieerneuerer mitspielen würde, hätte er damals, als er am Hahn-Meitner-Institut über innovative Herstellungsmethoden für Solarmodule promovierte, nicht gedacht. Allerdings wusste er seinerzeit recht schnell, dass die Idee, Solarmodule ohne teures Silizium auf der Basis des Halbleiters Kupfer-Indium-Sulfid (CIS) herzustellen, viel zu wertvoll ist, um ein ewiges Dasein unter Laborbedingungen zu fristen. Sie musste raus in die Produktionswelt, nach Adlershof. „Mir war früh klar, dass ich eigene Ideen verwirklichen, Neues schaffen möchte“, sagt Meyer.
Zwei Jahre lang trommelt er beharrlich mit zwei Mitstreitern Risikokapital zusammen, um Anfang 2003 die Pilotproduktion zu starten. Bald darauf kommen die anthrazitfarbenen Solarteile im eleganten Nadelstreifen-Look auf den Markt. Dort finden die Dünnschichtmodule reißenden Absatz – auch weil sie sich deutlich günstiger als herkömmliche herstellen lassen und als Teil der Fassade oder des Dachs eingesetzt werden können, was Baukosten spart.
100 neue Arbeitsplätze
Die Firma wächst rasch, beschäftigt heute 175 Mitarbeiter und will dieses Jahr weitere 100 einstellen. Risikokapitalgeber wie Intel Capital, Vattenfall und Gaz de France haben 85 Mio. Euro investiert, mit denen gerade eine zweite 20.000 Quadratmeter große Serienfertigungshalle in Adlershof gebaut wird, deren Bänder Meyer Ende des Jahres anlaufen lassen möchte. Manchmal blickt er selbst etwas erstaunt zurück: „Es ist schon faszinierend, wie aus einer Labor-Idee ein Industriebetrieb gewachsen ist.“
Adlershof ist gewissermaßen die verlängerte Werkbank Berliner Forschungsinstitute, soll heißen: hier werden Ideen in Produkte gegossen, die Märkte erobern. Denn darum geht es in dem Technologiepark, der in seinen Gründerzentren IGZ und OWZ den Nährboden für tatkräftige Forscher bereitet. Trägt das Geschäftsmodell, helfen das geballte Wissen der Technologiezentren und das Standortmarketing beim Wachsen. Zu den neuen Ausgründern mit Wachstumspotenzial zählen unter anderem die Great Eyes GmbH (Spezialkameras für die Spektroskopie), die Acuros GmbH (Mikropumpen für die Nanotechnik), die netCCM GmbH (Software-Lösungen für Entwickler) und CyanoBiotech (Bakterien für Arzneien).
Laborneubau mit markanten Molekül-Grundriss
Alteingesessen, aber voller Gründer-Elan, ist das Prüflabor des Analytischen Zentrums Berlin-Adlershof (AZBA), das unter anderem Schadstoff-, Altlast-, und Produktanalytik betreibt. Hervorgegangen aus dem Analytischen Zentrum der Akademie der Wissenschaften, hat das Geschäftsführerehepaar Elena und Andrés Jirón das vor der Abwicklung stehende Labor 1998 kurzerhand gekauft und alle acht Mitarbeiter übernommen. Heute sind es fünfzehn – und das Labor platzt aus allen Nähten. Deshalb wird jetzt in Sichtweite neu gebaut. „Wir haben eines der letzten Grundstücke auf dem Wista-Südgelände kaufen können“, erzählt Elena Jirón. Das Chemikerehepaar ist froh darüber: „Der Standort ist ein Markenzeichen, damit kann jeder etwas anfangen. Von der Historie, den Forschungsinstituten und der Uni profitieren alle hier.“ Außerdem beschert das Gelände EU-Fördermittel für den 3,2 Mio. Euro teuren Neubau mit 1.800 qm Nutzfläche. Praktisch: Architekt Hans Knapp hat sein Büro um die Ecke in der Einstein-Straße. Anfang kommenden Jahres soll das Labor mit dem markanten Grundriss eines Moleküls bezugsfertig sein. Dann wird eine neue Ära für AZBA beginnen. Zukunftsängste plagen das Geschäftsführerehepaar jedenfalls nicht: „Wir werden neu einstellen und haben uns vorgenommen, die damals übernommenen Mitarbeiter in die Rente zu führen“, verspricht Elena Jirón.
Studiokapazitäten erweitert
In der direkten Nachbarschaft bei Studio Berlin ist man den Erweiterungsschritt bereits gegangen. Mit dem im Februar fertig gestellten 2.400 m² großen Studio H hat man nun insgesamt zehn Studios (davon vier größer als 1.400m²) am Berliner Standort der zur Studio Hamburg Gruppe gehörenden Unternehmung.
Auch wenn derzeit viel über die Wirtschaftskrise im Allgemeinen und den Medienstandort Berlin im Besonderen geredet wird, so ist Studio Berlin doch zuversichtlich und sieht den Neubau nicht nur als eine durch die gute Auslastung erforderlich gewordene Erweiterung, sondern auch als Ergänzung. Erstmals steht nun in Adlershof wieder genug Studiofläche zur Verfügung um neben den Fernsehproduktionen („Anne Will“, „Akte“, „Hit Giganten“ u. v. a.) auch an die Filmgeschichte des Standortes Adlershof erneut anzuknüpfen oder auch die Anfragen nach größeren Events positiv zu begegnen.
Chris Löwer
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