Gute Ideen gibt es gleich um die Ecke
Wie funktionieren erfolgreiche Forscher-Unternehmer-Teams
Ein paar Schritte nur, und schon können Forscher und Unternehmer in Adlershof gemeinsam Ideen für Innovationen aushecken. Ein Blick auf Kooperationsprojekte zeigt, wie wichtig die Nähe von Wissenschaft und Wirtschaft für fruchtbare Synergien ist. Ein Plausch unter Partnern am Mittagstisch kann die Keimzelle für den Erfolg von morgen sein.
In einer globalisierten Welt spielen Entfernungen keine Rolle mehr. Wirklich? Christian Scheler, Chef der Proteome Factory AG, einem Spezialisten für Proteomik und Proteinanalytik, sieht das etwas anders: „Ein Grund für unseren Umzug aus der Innenstadt nach Adlershof war, dass wir hier mit Wissenschaftlern auf kurzem Wege zusammenarbeiten können“, sagt er. Vor allem die enge Kooperation mit der Humboldt-Universität zu Berlin und der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) lockten. Unter anderem lotet Scheler gemeinsam mit der BAM Möglichkeiten der molekularen Bildgebung mittels Massenspektrometrie aus.
Räumliche Nähe wichtig
Damit erschließen sich neue Anwendungsmöglichkeiten für ein patentiertes Verfahren der Proteome Factory, durch das Proteine und Peptide mit Metallen markiert werden können, was es vereinfacht, zuverlässig und zügig bösartige Tumoren nachzuweisen. „Hier am Standort lassen sich unkompliziert Synergien nutzen, ohne viel Zeit für Reisen und deren Planung aufwenden zu müssen“, betont Scheler.
Letztlich sei das ein Baustein für den Unternehmenserfolg wie auch die Möglichkeit, direkt Mitarbeiter rekrutieren zu können, indem Studierende in der Proteome Factory Praktika und ihre Abschlussarbeiten machen können. Und das schon seit zehn Jahren. „So lernt man früh potenzielle Mitarbeiter kennen, merkt, ob sie ins Team passen und was sie können“, merkt Scheler an. Er erachtet räumliche Nähe gar für eine wichtige Voraussetzung, wenn Partnerschaften aus Wissenschaft und Wirtschaft für beide Seiten befruchtend sein sollen.
Neues Produkt: Gewürzsensor
Dirk Rondeshagen, der bei Environics-IUT unter anderem den Verkauf und Förderprojekte verantwortet, sieht das genauso: „Es ist schon ein Unterschied, ob man sich mal schnell an einen Tisch setzen kann, um Probleme zu lösen und Projekte anzuschieben, oder man erst durch die ganze Republik fahren muss.“ Das auf Gasspurenanalyse und Sensorik spezialisierte Unternehmen hat ein neues Produkt in der Pipeline, das aus einer Partnerschaft mit der BAM hervorgehen wird: der Gewürzsensor. Bislang wird die Qualität von Gewürzen vor allem anhand der feinen und geschulten Nase sowie dem kritischen Blick von Testern überprüft. Meist mögen sie richtig liegen – objektiv messen geht aber anders.
Genau dafür sorgt der Gewürzsensor, der automatisierte und reproduzierbare Ergebnisse darüber liefert, wie gut Pfeffer und Paprika wirklich sind. Dafür sorgt ein neuartiges gaschromatographisches Verfahren mit einem speziellen hochempfindlichen Detektor, das mobil einsetzbar ist. „Im übertragenen Sinne kann man von einer elektronischen Nase sprechen“, sagt Rondeshagen. Die schlaue Nase erkennt zum Beispiel, ob vermeintlich hochwertiger Pfeffer mit Senfmehl gestreckt worden ist. Dafür haben Forscher der BAM Standards definiert, so dass die Messtechnik von Environics-IUT ihre Stärke ausspielen kann.
„Das ist nicht unser erstes gemeinsames Projekt mit Forschungseinrichtungen“, berichtet Rondeshagen. Solche Kooperationen, etwa auch mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), seien nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Das Schöne daran: „So ergeben sich im Gespräch auch immer wieder Ideen für neue Projekte und Produkte“, berichtet Rondeshagen.
Brillanz und Beständigkeit
Und so finden sich die passenden Partner durch die engen Kontakte wie von selbst. Aktiv suchen muss in Adlershof kaum ein Forscher oder eine Firma. Selbst wenn sie international aufgestellt ist wie die FMB Feinwerk- und Messtechnik GmbH, ein Anbieter für Ausrüstungen zur Forschung mit Synchrotronstrahlung. Ungeachtet weltweiter Kontakte schätzt FMB-Geschäftsführer Wolfgang Drewitz die Möglichkeiten, die sich aus der Kooperation mit dem Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB) ergeben: „Die Zusammenarbeit ist vielschichtig. Von der Auftragsfertigung bis hin zum Erwerb von Lizenzen ist alles dabei“, berichtet Drewitz. „Im Moment arbeiten wir gemeinsam mit dem HZB an der Entwicklung und Konstruktion eines kryogenen Undulators.“ Dahinter verbirgt sich ein Gerät, mit dem Synchrotronstrahlung erzeugt werden soll, die noch brillanter sein wird als die elektromagnetische Strahlung bisheriger Speicherringe, wovon unter anderem die Materialforschung profitieren wird. FMB und HZB profitieren bereits seit Jahren von ihrer beständigen Zusammenarbeit.
Wie alle Adlershofer Institute und Unternehmen. Dirk Rondeshagen bringt die Sache so auf den Punkt: „Befruchtend an integrierten Projekten ist am Ende der Erfolg. Nur das zählt.“
Von Chris Löwer für Adlershof Journal
www.fmb-berlin.de
www.environics-iut.com
www.proteomfactory.com