Gute Nachbarn
Rund um das Gelände des ehemaligen Werkes für Fernsehelektronik in Oberschöneweide siedeln sich Mikrosystemtechnikfirmen an – ein neues Cluster entsteht, das von benachbarten Unternehmen im Südosten Berlins profitiert.
„Wir sind Sitzenbleiber“, lacht Andreas Thun, Geschäftsführer der iris-GmbH infrared & intelligent sensors in Oberschöneweide. Als nach der Wende das Werk für Fernsehelektronik (WF) abgewickelt wurde, blickten Thun und sein Team nach vorn. Sie gründeten die Firma, die heute eine feste Größe der Berliner Hersteller von Microsystemtechnik (MST) ist.
Hauptprodukt ist ein Fahrgastzählsystem namens „Irma“, mit dem Passagiere im öffentlichen Nahverkehr automatisch gezählt werden. Die dafür nötigen Infrarot-Sensorkomponenten entwickelt und produziert iris selbst. Und greift dafür mitunter auf das Wissen von Forschern und Entwicklern aus dem Wissenschafts- und Technologiepark Adlershof oder dem Innovationspark Wuhlheide zurück. „Der Südosten von Berlin ist im Grunde ein gewachsenes MST-Cluster, das es schon zu DDR-Zeiten gab, auch wenn da natürlich nicht von einem Cluster die Rede war“, sagt Thun.
Eine gute Nachbarin, die fest mit der Historie des Standortes verwurzelt ist, ist Gabi Grützner, Geschäftsführerin der mrt micro resist technology GmbH. Ihre Firma ist ebenfalls eine Ausgründung aus dem ehemaligen WF, die sich unter anderem auf Mikrobauteile und -optiken spezialisiert hat. „Unsere Produkte werden größtenteils in der MEMS-Technologie, der Halbleiterindustrie, der Optoelektronik, bei der Herstellung von Datenspeichern und in der Nanotechnologie verwendet“, erklärt Grützner.
Die First Sensor AG hat sich wie kaum ein anderes Unternehmen durch das MST-Netzwerk bewegt. Als Silicon Sensor GmbH ist die Firma ebenfalls aus dem WF in Oberschöneweide hervorgegangen, zog 2008 in den benachbarten Neubau der modernen Sensorfabrik, in der heute 151 Mitarbeiter beschäftigt sind. Sie entwickeln und fertigen individuelle Sensorlösungen, vor allem für Kunden in der Medizintechnik, Industrie, Forschung sowie in der Luft-und Raumfahrt. First Sensor profitiere von den guten Kontakten zu Forschern in Adlershof und der unmittelbaren Nähe zur Hochschule für Wirtschaft und Technik (HTW), sagt Marketing- Chefin Sarah Johanna Schießer.
Auch iris-Geschäftsführer Thun ist davon überzeugt, dass sich die HTW positiv auf das Cluster auswirken wird, auch durch neue Ausgründungen. „Der Standort hat ein großes Potenzial, zumal die Unternehmen gut zusammenarbeiten, man kennt sich“, sagt er. Die Nähe zueinander sei ein großer Vorteil. Keine Frage: Das „Sitzenbleiben“ hat sich für iris & Co gelohnt.
von Chris Löwer
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