Neues Material für mehr Energieeffizienz
Es gibt sie in fast jedem elektrischen Gerät: in Computernetzteilen, Solarmodulen, Elektro-Autos. Leistungskonverter sorgen dafür, dass aus Gleichspannung Wechselspannung wird und umgekehrt, und dass die Spannung aus dem Netz das richtige Level für den jeweiligen Verbraucher hat. Herzstück dieser elektrischen Schaltungen sind Leistungstransistoren, im Prinzip Schalter, die durch eine angelegte Spannung steuerbar sind. Bisher werden Leistungstransistoren auf Basis von Silizium hergestellt. Doch mit Gallium-Nitrid (GaN) könnten die Bauteile schneller, effizienter und kleiner werden.
Schon vor über zehn Jahren gehörten die Adlershofer Forscher weltweit zu den GaN-Pionieren. Jetzt soll Leistungselektronik auf Basis dieses Materials zur Marktreife entwickelt werden. Im Rahmen des vom Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) koordinierten EU-Projektes HiPoSwitch sind daran acht europäische Partner aus Universitäten und der Industrie beteiligt, darunter Infineon Technologies Austria, das belgische Unternehmen EpiGaN, der Aachener Anlagenbauer Aixtron sowie der österreichische Systemhersteller Emerson. Dadurch steht die gesamte Prozesskette im Fokus, von der Materialentwicklung über die Herstellung der Transistoren bis zu ihrem Einsatz in kompletten elektronischen Systemen.
Am FBH entwickeln die Forscher selbstsperrende Transistoren. Der Vorteil: Sie müssen nicht extra durch eine negative Spannung ausgeschaltet werden. Sobald die Steuerspannung auf Null geht, beispielsweise bei einer Störung, lässt der Transistor keinen Strom mehr durch. „Das erhöht die Zuverlässigkeit im Betrieb“, sagt Joachim Würfl, Leiter des Arbeitsbereichs GaN-Elektronik im FBH. Zuverlässigkeit sei überhaupt der entscheidende Faktor, damit sich die Technologie durchsetzen kann. Deshalb werden die im Reinraum auf Silizium oder Silizium-Carbid hergestellten Bauelemente im Labor auf Herz und Nieren geprüft. Unter anderem untersuchen Würfl und seine Kollegen das Alterungsverhalten: „Wir wollen herausfinden, woran so ein Bauteil letztlich stirbt.“
Hierbei ist die Temperatur, die während des Betriebs erheblich ansteigt und abgeführt werden muss, eine entscheidende Größe. Deshalb werden die Bauteile in Öfen, nicht größer als Zigarillokisten, gezielt auf 200 bis 300 Grad Celsius erhitzt. Dabei werden ihre elektrischen Kenngrößen laufend kontrolliert. Bis zu einem Jahr können solche Tests sich hinziehen, um schließlich Lebensdauern gegebenenfalls über ein ganzes Menschenalter zu garantieren.
Leistungselektronik auf GaN-Basis bietet nicht nur bei den elektronischen Bauteilen selber Einsparpotenzial. „Wenn sie in kostengünstiger Massenproduktion verfügbar sind und immer kleiner werden, dann wird auch der Anreiz größer, sie für die maßgeschneiderte und damit effizientere Stromversorgung anderer Verbraucher einzusetzen“, glaubt Würfl. „Hier liegen erhebliche Potenziale zum Energiesparen.“
von Dr. Uta Deffke
Internet: www.fbh-berlin.de