Heute Pappbecher, morgen grünerer Universitätsbetrieb
Eine studentische Initiative sorgt für mehr Nachhaltigkeit an der Berliner Humboldt-Universität
Sie setzen sich für einen nachhaltigeren Universitätsbetrieb ein: In der studentischen Initiative für ein Nachhaltigkeitsbüro an der Humboldt-Universität zu Berlin kommen junge Aktive aus Geographie, Europäischer Ethnologie, Informatik, Philosophie und anderen Fachbereichen zusammen. In Adlershof gärtnern sie für mehr Biodiversität, universitätsübergreifend organisieren sie Veranstaltungen, Diskussionen, Bildungsangebote. Was die Ehrenamtlichen eint, sind politischer Gestaltungswille und die Bereitschaft, sich nachhaltig für eine ökologischere Zukunft einzusetzen – an der Universität und darüber hinaus.
Es war der Ärger über Pappbecher im Unicafé, der Pascal Kraft Ende 2018 in die Räumlichkeiten der Nachhaltigkeitsbüro-Initiative in der Friedrichstraße führte. Heute gehört der 31-jährige Geographiestudent, der „in der jüngeren Anti-Atomkraft-Bewegung groß geworden“ ist und sich zuvor bereits bei Greenpeace gegen Kohleabbau und Gentechnik engagierte, zum Projektteam.
„Wir sind ein loser Verbund mit einem Kernteam von vielleicht zwölf bis fünfzehn Personen, die jede Woche viele Stunden Arbeit investieren. Unser Name ist dabei auch unser Auftrag: Wir wollen Nachhaltigkeit in allen Handlungsfeldern der Universität verankern und auch aktiv auf die deutsche Hochschulpolitik einwirken.“
2014 begann mit dem Gründungsmitglied Georg Liebig der Aufbau des Nachhaltigkeitsbüros, das zwei Jahre später ein erstes Konzeptpapier veröffentlichte und sich darin unter anderem für die Einführung eines Studium Oecologicum an der Humboldt-Universität stark machte. „Seit 2019 wird das im überfachlichen Wahlpflichtbereich angeboten“, freut sich Pascal Kraft. „Es besteht aus der Ringvorlesung ‚Der grüne Faden‘ und einem Vertiefungskurs.“ Mithilfe des projekteigenen Podcasts „NachHall” lassen die Studierenden auch ein außeruniversitäres Publikum an der Ringvorlesung teilhaben. „Wir bekommen viel positive Resonanz für die inhaltliche Tiefe. Es geht um Demokratieverständnis, Transformationsgedanken, neue Perspektiven. Und natürlich darum, mehr Menschen zu aktivem Engagement zu motivieren.“
Eine weitere zentrale Forderung haben die Studierenden im Mai 2021 erfolgreich realisiert: die Etablierung eines Klimamanagements an der HU. „Die großen CO2-Treiber an der Universität sind der Energieverbrauch und Flugreisen. Ein Sechstel des Strombedarfs der HU wird durch die Server verbraucht, die in der Grimm-Bibliothek stehen“, berichtet Kraft. „Insbesondere am Geographischen Institut in Adlershof beschäftigen wir uns derzeit intensiv damit und fragen uns zum Beispiel, ob Exkursionen nach Südamerika notwendig sind. Für viele sind sie ein Höhepunkt im Studium, andererseits stehen sie im Widerspruch zu dem, was wir hier lernen.“
Kraft und seine Mitstreitenden koordinierten auch den HU-Beitrag im Rahmen der diesjährigen „Public Climate School“. „Wir haben ein Clean-up auf dem Campus in Mitte organisiert, täglich eine Podcast-Folge zu einer aktuellen Transformationsfrage produziert und am Brandenburger Tor demonstriert. Dort bin ich in einer Rede auch auf das Berliner Hochschulgesetz, das aktuell novelliert wird, eingegangen. Wir glauben: Es braucht eine verbindliche Nachhaltigkeitsklausel, verbindliche Bildungsangebote für nachhaltige Entwicklung.“
„Als Nächstes wird es darum gehen, einen Klimaneutralitätsbegriff für die HU zu fassen“, sagt Pascal Kraft. „Zudem müssen wir noch mehr miteinander ins Gespräch kommen: Wenn so viele Studierende darauf drängen, mehr über Nachhaltigkeit zu lernen, sollten wir mehr Weiterbildungsangebote für Lehrende schaffen, alternative Prüfungsformate entwickeln.“ Dass sich das Engagement in jedem Fall lohnt, davon ist der Student überzeugt: „Für uns steht völlig außer Frage, dass wir eine Transformation brauchen, um die planetaren Grenzen irgendwie einzuhalten. Im Nachhaltigkeitsbüro leben wir das schon längst, motivieren andere, sich einzubringen.
Von Nora Lessing für Adlershof Journal