Im Gespräch mit Konditorei-Inhaber Michael Engelmann
Sein süßes Unternehmen begann in einem ausgedienten Zirkuswagen
Fantasie heißt die feste Konstante im Leben von Michael Engelmann. Den Wolfsburger zog es nach einer Konditorlehre zum Zirkus. Er begann als Clown – Talent dafür hatten ihm Lehrer und Mitschüler bereits in seiner Schulzeit bescheinigt –, studierte Pantomime, spielte auch Straßentheater. Heute ist er ein erfolgreicher Unternehmer in Adlershof.
Geplant hat er das nicht. Vor zwölf Jahren gründete er die Konditorei Engelmann in einem ausgedienten Zirkuswagen. Seine hausgemachten Leckereien fanden schnell Absatz, sein Unternehmen wuchs rasant. Weil Michael Engelmann ungern die Kontrolle abgibt, setzte er sich ein weiteres Mal auf die Schulbank, um auch betriebswirtschaftlich den Durchblick zu behalten. Jetzt entsteht in der Walther-Huth-Straße eine Produktionshalle nebst gläserner Schaubackstube und Café. Ab Februar 2017 können sich Süßschnäbel dort durch das Angebot schlemmen.
Sahnetorte oder Obstkuchen – was bevorzugen Sie?
Sahnetorte.
Welche Torte haben Sie zuletzt selbst kreiert?
Ich konditere nicht mehr, dafür bleibt keine Zeit. Aber ich habe in meinem Wohnhaus im Keller eine Probebackstube eingerichtet. Dort experimentiere ich manchmal. Wenn etwas gelingt, geht es an den Meister in der Produktion. Die letzte Torte, die ich entwickelt habe, ist eine Chai-Sahne-Torte mit original indischen Gewürzen.
Ein Geheimtipp für Laienbäcker?
Einfache Rezepte und keine Hilfsmittel einsetzen, dann schmeckt es besser, egal, was man bäckt.
Wann essen Sie das erste Süße am Tag?
Ich mag Eierkuchen zum Frühstück.
Wie bleiben Sie schlank bei den süßen Kalorienbomben?
Für Sport fehlen mir die Lust und Zeit. Aber ich liefere oft unsere Backwaren aus. Das ist eine anstrengende Arbeit, auch von den Gewichten, die man transportiert.
Was halten Sie von Gesundheitsaposteln, die Kuchen als ungesund einstufen?
Es ist alles eine Frage der Menge und des bewussten Genießens. Auf Anfragen nach einer veganen Torte reagiere ich mit dem Angebot eines Apfels.
Vom Zirkus zur Backfabrik – warum dieser Wechsel?
Ich wollte nach 15 Jahren Zirkus und Straßenkunst eine Alternative zu meiner prekären Finanzsituation als freier Künstler schaffen. Alles fing mit einem ausgedienten Zirkuswagen in der Wuhlheide an. Dort baute ich einen Backofen ein. Mit dem Sahnequarktorten-Rezept meiner Mutter und den Backanleitungen einiger Verwandter setzte ich auf althergebrachte Backtraditionen und belieferte fortan Cafés mit meinen Kuchen und Torten. Die hausgemachten Backwaren kamen gut an. In Neukölln eröffnete ich dann die erste Backstube, seit 2008 produziert die Konditorei Engelmann in der Köpenicker Landstraße. Die Kapazitäten sind hier längst ausgeschöpft, auch weil es seit Januar einen Webshop (www.kuchen-macht-gluecklich.de) gibt, deshalb nun der Neubau in der Walther-Huth-Straße.
Ist eine Wissenschaftsstadt nicht ein ungewöhnlicher Ort für Ihren neuen Produktionsstandort?
Süßes als Nervennahrung für Kopfarbeiter – das passt doch gut. Ich wohne seit 2010 in Johannisthal, in der Nähe des Landschaftsparks. Das kulinarische Angebot ist hier nicht so vielfältig und ich hatte von Anfang an die Idee, auch ein Café zu integrieren.
Welche Kunden sehen Sie in der gläsernen Schaubackstube?
Dort können Firmen- und Teamevents stattfinden, ähnlich wie in den Kochschulen. Mit den Kindern der benachbarten Kita können wir Kekse backen oder beispielsweise Hexenhäuser zu Weihnachten. Eine andere Idee ist, zukünftig auch Tortenkerne herzustellen. Das sind halbfertige Produkte, die eingefroren ausgeliefert werden. Für unsere Kunden, zu denen Cafés oder Hotels gehören, bieten wir Weiterbildungen an, wie sie die Torten fertig dekorieren können. Aber auch für Verwandte und Freunde von Hochzeitspaaren, die eine individuelle Hochzeitstorte kreieren wollen, sind Workshops denkbar.
Was haben Sie aus dem Zirkusleben fürs Unternehmertum mitgenommen?
Durchhalten ist eine ganz wichtige Eigenschaft und mit unkonventionellen Ideen an die Dinge herangehen. Egal ob fünf oder 500 Besucher im Zelt sitzen, man sich vielleicht nicht so fit fühlt, als Clown muss man immer gute Laune ausstrahlen.
Haben Sie sich völlig vom Zirkus verabschiedet?
Die Verbindung zum Zirkus ist noch da. Als der Zirkus Busch dieses Jahr hier gastierte, habe ich in einer Show mitgewirkt. Ich habe eine riesige Torte gebacken, diese auf dem Dachgepäckträger meines Oldtimers in die Manege gefahren und einem Elefanten geschenkt, der sie genüsslich verspeiste. Das war ein großer Spaß.
Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Ich lade gern Gäste ein und bewirte sie. Dann koche ich ein 5-Gänge-Menü und probiere oft Neues aus. Die Essen zelebriere ich als Gesamtkunstwerk: Das Geschirr und die Tischdekoration müssen passen, die Gäste untereinander harmonieren.
Eine weitere Leidenschaft gilt meinem Oldtimer Volkswagen Typ 3. Vor ein paar Jahren habe ich damit an Oldtimerrallyes teilgenommen; jetzt fahre ich, wenn es die Zeit erlaubt, damit ins Umland von Berlin.