Kohlendioxidfresser schwitzen Alkohol aus
Cyano Biofuels mit Treibstoffherstellung im Algengewächshaus
Als das US-Unternehmen Algenol 2006 mit dem Vorschlag der kommerziellen Biokraftstoffherstellung auf Algenbasis das erste Mal an die Türen der Cyano Biotech anklopfte, fand Dan Kramer das zunächst eine „absurde Idee“. Heute baut der Molekularbiologe ein (Algen-)Gewächshaus, um die Freilandproduktion zu simulieren. In Florida entsteht gemeinsam mit Algenol zunächst eine 16 Hektar große Versuchsfläche. Neben Kohlenstoffdioxid und Sonnenlicht ist für diese Produktion ein Organismus unabdingbar, der vor etwa drei Milliarden Jahren schon einmal die Lebensbedingungen auf der Erde entscheidend veränderte: Cyanobakterien, besser bekannt als Blaualgen.
Damals wie heute nutzten die winzigen Bakterien das Sonnenlicht zur Photosynthese und setzten als Abfallprodukt Sauerstoff frei. Die massenhafte Produktion von Sauerstoff bewirkte die chemische Umwandlung der sauerstofflosen Gashülle in die für die Fortentwicklung von Leben außerhalb des Wassers notwendige Atmosphäre. Heute könnte die Blaualge die in die Kritik geratene Kraftstoffherstellung aus Biomasse entscheidend verändern.
Wie? Durch Ethanolsynthese, erklärt Dan Kramer, Geschäftsführer der Cyano Biofuels GmbH. Diese findet in den Bakterien mithilfe eines Alkohol bildenden Enzyms bereits ganz natürlich statt. Dem Bakterium haben Kramer und seine Kollegen ein weiteres Enzym, die Pyruvatdecarboxylase (Pdc) aus dem Bakterium Zymomonas mobilis – genutzt auch in der Tequilla-Herstellung – hinzugefügt, wodurch der natürliche Prozess der Ethanolsynthese verstärkt wird. In sogenannten Bioreaktoren – Schläuchen – werden Blaualgen in hochkonzentriertem Salzwasser mit Kohlendioxid „gefüttert“. Bis zu 570 Liter Ethanol werden bei der Herstellung aus einer Tonne CO2 gebildet. Unter Sonnenlicht synthetisiert die Alge Alkohol daraus und „schwitzt“ ihn aus. An der Wand des Bioreaktors kondensiert das Ethanol, wird gesammelt und anschließend konzentriert.
In drei bis fünf Jahren erwartet Kramer die wirtschaftliche Produktion des neuen Biokraftstoffes – mindestens vier Liter Kraftstoff pro Quadratmeter und Jahr. Und Kramer fügt hinzu: es gibt viele weitere Vorteile. Im Vergleich zu ölbasierten Kraftstoffen ist der CO2 Footprint nach Studien einer amerikanischen Universität um etwa 80 Prozent günstiger. Sogar im Vergleich mit nachhaltigeren Produktionsverfahren zum Beispiel aus Zuckerrohr, Zellulose oder Algenöl, erreicht die direkte Synthese in Cyanobakterien deutlich bessere Ergebnisse. Die heute gängigste Herstellung aus Zuckerrohr schafft bei zweimaliger Ernte etwa 750 Liter pro 1.000 Quadratmeter im Jahr. Die derzeitigen Laborwerte der Cyano-Methode weisen eine mindestens zehnmal bessere Ausbeute auf. Ohne die Verwendung natürlicher Ressourcen und Nahrungsmittel und ohne die Verwendung landwirtschaftlicher Nutzfläche, fügt Kramer hinzu. Dass dabei auch jede Menge Kohlendioxid „verschwindet“, wird auch die Atmosphäre freuen, an deren Entstehung die Bakterien so aktiv beteiligt waren.
von Rico Bigelmann
Link: www.cyano-biofuels.com