Maßgeschneiderte Laboranlagen
ILS will den Weg vom Forschungsreaktor zur industriellen Großanlage abkürzen
Seit 2004 baut Anton Nagys Integrated Lab Solutions GmbH (ILS) Anlagen für Chemielabors. Internationale Kunden aus Industrie und Wissenschaft schätzen das verfahrenstechnische Know-how des 15-köpfigen Teams. Statt Technik von der Stange bekommen sie individuell auf ihre Prozesse und Forschungsziele zugeschnittene, skalierbare Anlagen. Im Juni bezog die ILS Büros und Labors im Zentrum für Mikrosysteme und Materialien und baut nun auch eine Fertigung in Adlershof auf.
Eigentlich sollen Anton Nagy und Tobias Brose ihre Integrated Lab Solutions GmbH vorstellen. Doch Geschäftsführer Nagy und Finanzchef Brose haben ein anderes Thema. Sie sind frisch aus der Kreuzberger Oranienstraße ins Zentrum für Mikrosysteme und Materialien gezogen. Ehe sie von sich berichten, holen sie zu einem Loblied auf den Standort aus. „Die Labors sind mit Abstand das Beste, was uns bei der Standortsuche begegnet ist“, sagt Nagy. Und die vielen Topinstitute in direkter Nachbarschaft würden ihn selbst und sicher auch bald seine internationalen Kunden beeindrucken. Auch dass sie als Newcomer gleich in die Adlershofer Netzwerke eingeführt wurden, begeistert die beiden. „Das ist jetzt kein Marketingblabla“, schieben sie wiederholt in ihre Eloge auf Adlershof ein.
ILS 2004 gegründet
Der US-Amerikaner Nagy ging während des Studiums in die Niederlande, promovierte am Fritz-Haber-Institut in Berlin. Er hatte Jobs bei Bayer in Leverkusen und bei Shell in Amsterdam. Als der Ölmulti seine Katalysatorforschung ausgründete, war er dabei und infizierte sich mit dem Start-up-Virus. „Gemeinsam anpacken, um ein Unternehmen aufzubauen, die kurzen informellen Wege und flachen Hierarchien – so wollte ich arbeiten“, berichtet er. Er ging zurück nach Berlin und gründete 2004 seine ILS. Brose stieß 2007 dazu.
Magnetwirkung Berlins
Heute hat ILS 15 Mitarbeiter und beliefert Kunden in ganz Europa, den USA und im arabischen Raum. „Ich hätte überall gründen und vielerorts weniger Steuern zahlen können“, sagt Nagy. Doch das Lebensgefühl gab den Ausschlag für Berlin. Super Spielplätze, Familien auf Fahrrädern, Kultur satt sowie Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Wohnviertel ohne bewaffnete Sicherheitsleute. „Und was die Steuern betrifft: Der Return stimmt“, sagt er. Die Hochschullandschaft und Magnetwirkung Berlins lassen keinen Fachkräftemangel aufkommen. Zudem habe staatliche Förderung Integrated Lab Solutions beim Wachsen geholfen. Etwa durch die einjährige Übernahme der halben Lohnkosten neuer Mitarbeiter im Innovationsassistenten-Programm der Investitionsbank Berlin. Aufgrund solchen „De-Riskings“ könnten es junge Firmen wagen, Stellen zu schaffen. „Wir konnten nach dieser Förderung bisher alle Mitarbeiter übernehmen“, freut sich Brose.
Von Forschern für Forscher
Das liegt natürlich auch an den eigenen Erfolgsrezepten. ILS ist seit dem zweiten Jahr profitabel und seither organisch, aus eigenen Kräften gewachsen. Nagy hat ein feines, internationales Team aus Chemieingenieuren, Verfahrenstechnikern, Konstrukteuren und Softwaredesignern zusammengestellt, das Versuchsanlagen für Forscher und Entwickler aus Chemie, Petrochemie und Pharmazie entwickelt und baut. „Unser Vorteil ist es, dass wir selber aus der Forschung kommen und die Anlagen speziell auf die Prozesse und Forschungsziele unserer Kunden hin designen und realisieren“, erklärt Nagy. In den neuen ZMM-Labors, die sie gerade sicherheitstechnisch aufrüsten, wird das ILS Team die Anlagen künftig einfahren, ehe sie demontiert und zum Kunden geliefert werden. „Es ist ein riesiger Vorteil, das hier vor Ort mit allen unseren Experten machen zu können, statt die Prozesse erst beim Kunden zu stabilisieren“, sagt er.
Spezialität der Neu-Adlershofer sind Festbett-Reaktoren, kleine Fischer-Tropsch-Anlagen und Batch-Reaktoren. „Wir bewegen uns im Bereich kleinerer Systeme für F&E Labors bis hin zu Pilotanlagen“, so Nagy. ILS-Anlagen seien unter anderem durch parallele Systeme auf hohe Durchsätze ausgelegt. Daneben liefern sie jede Menge exakte Prozessdaten, die als Basis für die Simulation großer Anlagen genutzt werden können. „Es geht in unseren Zielbranchen darum, den Weg vom Forschungsreaktor zur industriellen Großanlage abzukürzen“, erklärt er. Dass ILS in den neuen Räumen konzentrierter als bisher an den Kundenanlagen arbeiten kann, sieht er als einen Schritt in diese Richtung.
Fertigung im Aufbau
Einen weiteren planen Nagy und Brose gerade: Ihr Unternehmen wird künftig auch in Adlershof fertigen – um so kürzere Iterationsschleifen zwischen Planung und Montage zu realisieren. „Bislang haben wir in der Schweiz fertigen lassen“, berichten sie. Kapazitätsengpässe ihres Schweizer Anlagenbauers und die große Zahl von potenziellen Zulieferern hier in Adlershof gaben den letzten Ausschlag für das Insourcing. „Damit nehmen wir ein gewisses Risiko in Kauf, doch ich bin überzeugt, dass das uns und auch unseren Kunden gut tun wird“, sagt Brose.
Von Peter Trechow für Adlershof Journal