Medizinischer Fortschritt aus dem Zwergenreich
Adlershofer Unternehmen im Kampf gegen Krebs und andere Krankheiten
Unternehmen wie MagForce, Surflay Nanotec oder NanoBioAnalytics im Zentrum für Mikrosysteme und Materialien (ZMM) beschichten Mikrokapseln, zerstören Krebsgeschwüre mithilfe injizierter Nanopartikel und geben lebenden Zellen Messsonden zu fressen.
Völlig neue Materialeigenschaften
Lars Dähne ist einer dieser Protagonisten. Mit zwölf Mitarbeitern hat sich der Gründer von Surflay Nanotec auf die Layer-by-Layer-Beschichtung winziger Kapseln und Partikel spezialisiert, gegen die Sandkörner Riesen sind. Mit Ladungswechseln lagern sie wenige Nanometer dünne Schichten an Oberflächen an; und das selbst innerhalb von Nano-Poren. Ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter.
Die Oberflächenmodifikation sorgt für völlig neue Materialeigenschaften: Öltröpfchen verteilen sich gleichmäßig in Wasser, hoch empfindliche Lipid-Hüllen um mikrometerfeine Luftbläschen werden reißfest. Die Entwickler können magnetische, fluoreszierende oder radioaktive Marker ebenso wie Biomoleküle in die Beschichtungen einbauen. Etwa DNA, die als Fracht von Kontrollpartikeln Laborprozesse „eichen“ könnte. „Wenn pathogene – also potenziell krank machende – Keime per DANN Analyse nachgewiesen werden sollen, müssen Laboranten die Prozessparameter exakt einhalten“, so Dähne. Ob sie es getan haben, werde anhand definierter Freisetzung mitprozessierter Kontroll-DNA sichtbar.
Eingeschleuste Messpartikeln
Oberflächen, auf die Tumore oder bestimmte Körperzellen Appetit haben, sind ebenfalls denkbar. Sie könnten Messsonden direkt in die relevanten Zellen einschleusen. „Im Körper ist das noch Zukunftsmusik“, relativiert Dähne. Doch beim ZMM-Nachbarn NanoBioAnalytics ist es gelungen, beschichtete Partikel als Mikrosonden von lebenden Zellen fressen zu lassen und die dabei von diesen Zellen ausgeübten Kräfte zu messen. Das ist für Krebsforscher interessant, da das biomechanische Verhalten kanzerogener von gesunden Zellen abweicht. Auch lassen sich mit den eingeschleusten Messpartikeln Sauerstoffgehalt und pH-Werte in den Zellen bestimmen.
Nanotherm-Verfahren
Die benachbarte MagForce AG ist mit ihrem Nanotherm-Verfahren schon so weit, Menschen mit magnetischen Nanopartikeln zu behandeln. Bei dem EU-weit zugelassenen Verfahren werden diese in bösartige Hirntumore injiziert und per Wechselmagnetfeld in Schwingung versetzt. Dabei erhitzt das Tumorgewebe punktuell auf bis zu 70 Grad Celsius. Kombiniert mit Strahlen- oder Chemotherapie haben Patienten mit einem bisher in 97 Prozent aller Fälle tödlichen Glioblastom deutlich erhöhte Überlebenschancen. MagForce ist momentan dabei, das Verfahren bei Onkologen bekannt zu machen und strebt Zulassungen für weitere Indikationen wie Bauchspeicheldrüsen- und Prostatakrebs an.
Von Peter Trechow für Adlershof Special