Mit Delphinsounds zum Unterwasser-Internet
EvoLogics setzt bei seinen autonomen Tauchrobotern auf tierische Vorbilder
In der Adlershofer Wagner-Régeny-Straße entsteht die Zentrale eines Hightech-Unternehmens, das in Meeren, Flüssen und Seen Unterwasserinfrastruktur vernetzt, pinguin- und rochenartige autonome Roboter für das Umweltmonitoring von Tiefseebergbau und Offshore-Windparks sowie für die Klimaforschung entwickelt – und das bei Delphinen abgeschaut hat, wie Signale im Wasser störungsarm weite Strecken überwinden.
Ob die Hechte im Werbellinsee noch von den Mantarochen erzählen, die dort unlängst abtauchten, ist nicht bekannt. Doch Fabian Bannasch, Geschäftsführer der EvoLogics GmbH, kann es bezeugen. Es war sein Schwarm bionischer Unterwasserroboter. Künstliche, mit jeder Menge Sensorik versehene Rochen, die mit sanften Flügelschlägen über den Gewässergrund gleiten und auch in zerklüfteten Topografien sicher navigieren. Andere Unterwasserroboter des Unternehmens orientieren sich an evolutionär optimierten Körperformen von Pinguinen, Schildkröten und Delphinen. Und nicht nur die Formgebung ist bionisch inspiriert, sondern auch ihre Unterwasserkommunikation.
Wenn der passionierte Taucher Bannasch von der zur Jahrtausendwende gegründeten EvoLogics und ihren weltweiten Projekten berichtet, fällt es leicht, mit ihm einzutauchen. Mal hilft ihre Technik bei der Munitionsbergung in Nord- und Ostsee. Mal dient sie der Unterwasser-Datenübertragung für Tsunami-Warnsysteme in Südostasien. Klimaforschungsteams schicken sensorgespickte Pinguine aus dem Hause EvoLogics auf Unterwasser-Formationsflüge durch Wasserwirbel und Meeresströme, um anhand der Salzgehalte und Temperaturen Wasserbewegungen aufzuzeichnen. Umweltbehörden setzen Sensoren des Unternehmens für das Monitoring der Wasserqualität in Flüssen ein. Besagte Mantas werden auf Tiefseeeinsätze vorbereitet und sollen „Erntegeräte“ bei der Manganknollenernte am Meeresgrund begleiten, um ökologisch sensible Bereiche zu erkennen und zu verschonen. Andere Roboter überwachen Unterwasserinfrastruktur der Mineralöl- und Erdgasbranche oder die Fundamente in Offshore-Windparks. Betreibern von Fischzuchtanlagen in Meeren und Seen hilft die EvoLogics-Technologie, ihre Anlagen unter Wasser zu kontrollieren und zu warten. Und zur Bergung Ertrunkener und havarierter Autos in Grachten und Flüssen ist die Sensorik, Positioniertechnik und KI-unterstützte Objekterkennungssoftware des Unternehmens ebenfalls im Einsatz.
Was hier in Kurzform zusammengefasst ist, berichtet Bannasch faktenreich, teils angereichert mit Anekdoten von den Einsätzen bei mittlerweile rund 500 Kunden aus Forschung und Industrie in 63 Ländern. Besonders wenn er von Delphinen spricht, wird es lebendig. Denn deren Fähigkeiten und Kommunikationsverhalten faszinieren Bannasch nicht nur – er hat sie mit seinem Team eingehend erforscht und aus den Erkenntnissen die eigene Unterwasser-Kommunikationstechnik abgeleitet. „Weil Funkwellen im Wasser nicht tragen, ist akustische Datenübertragung gefragt“, sagt er. Schall reicht dort weiter, wird jedoch an vielen Stellen reflektiert oder an Temperaturschichten gestreut. So entsteht in Ozeanen eine komplexe Kakophonie der Signale. Vor allem in seichten Gewässern und Häfen stieß die akustische Übertragung an Grenzen. „Interessanterweise haben Delphine diese Probleme nicht. Sie können über gut zehn Kilometer Entfernung kommunizieren und ihre Jagd koordinieren“, berichtet er. Zugleich sei ihr Sonarsystem derart sensibel, dass die Tiere verschiedene Stahlsorten unterscheiden können. EvoLogics moduliert die Eigenschaften der Delphinsignale in den Unterwassermodems nach und erzielt damit bisher unerreichte Daten- und Kommunikationsqualität.
„Hierfür brauchen wir auch weniger Sendeenergie als frühere Kommunikationssysteme. Während Hochenergiesonare Wale stranden lassen, locken unsere Modems neugierige Delfine an, die damit spielen wollen“, berichtet er.
Die Datenübertragung ist der Schlüssel, um die Messdaten der Unterwasserroboter übertragen zu können. EvoLogics paart die Technologie mit präziser Geolokalisierung. Eine GPS-Boje sendet hierfür jeweils Referenzwerte in die Tiefe, anhand derer sich die Position der schwimmenden Sensorsysteme exakt bestimmen lässt. Auch für die Vermessung von Meeresbaustellen ist diese Technik gefragt.
Die geballte Technologie und der wachsende globale Kundenstamm lassen das Unternehmen kräftig wachsen. Aktuell sind es 55 Beschäftigte „mit Forschergeist und Hightech-Spieltrieb“, sagt Bannasch. Um diesen in Zukunft optimal ausleben können, baut sich EvoLogics eine neue Hightechzentrale in Adlershof. Sie wird über Wasserbecken, eine Teichanlage, Labors und einen Druck tank verfügen, in dem sich Robotereinsätze in 6.000 Meter Wassertiefe erproben lassen. Für die Tiefseeroboter setzt das Team statt auf stahlgepanzerte Druckkammern auf filigrane, wasserdurchflossene Strukturen mit selbst entwickelten Sensorhäuten. Smarte Technologie für die Weltmeere, an der bald bis zu 150 Beschäftigte mitwirken sollen. „Wir legen die neue Zentrale bereits darauf aus“, erklärt er, „denn die Technik, die wir seit zwei Jahrzehnten entwickeln, ist gefragter denn je“. Die digitale Erschließung der Unterwasserwelten beginne erst.
Trotz der Testbecken an der Wagner-Régeny-Straße wird Bannasch mit seinem Team weiterhin in Brandenburger Seen testen. Die Hechte dort sollten sich auf ungewöhnliche Besucher einstellen.
Peter Trechow für Adlershof Journal