Mit der Blaupause in die Marktwirtschaft: Wie der Technologiepark geboren wurde
Der Anfang war Vision und Illusion zugleich: In nur drei Jahren sollte sich das Forschungszentrum der Akademie der Wissenschaften (AdW) der DDR in Adlershof in eine „integrierte Landschaft aus Wirtschaft und Wissenschaft“ verwandeln. Was man 1991 entschieden hatte, war klug. Das beweisen die Adlershofer Wachstumszahlen. Nur gedauert hat es etwas länger.
Im Oktober 1989 zählte Adlershof zu einem der wichtigsten naturwissenschaftlichen Forschungszentren Ostdeutschlands mit 5.500 Beschäftigten. Nach dem Fall der Berliner Mauer zerschlugen sich die Hoffnungen auf einen irgendwie gearteten Fortbestand der Akademie schnell. Mit Einführung der DM in der DDR im Juli 1990 sah sich die ostdeutsche Industrie nicht länger in der Lage, Forschungsaufgaben zu finanzieren. Der Einigungsvertrag, den die Bundesrepublik mit der DDR geschlossen hatte, sah die Trennung der „Akademie der Wissenschaften der DDR als Gelehrtensozietät von den Forschungsinstituten und sonstigen Einrichtungen“ vor. Eine „Koordinierungs- und Abwicklungsgesellschaft für die Institute und Einrichtungen der ehemaligen AdW der DDR“ (KAI-AdW) wurde ins Leben gerufen. Sie sollte die AdW-Institute (70 Institutionen mit 20.000 Beschäftigten) in neue Zuständigkeiten überführen bzw. sie abwickeln.
Hohe Qualität der ostdeutschen Forschung
Die Gutachter waren von der Qualität der ostdeutschen Forschung beeindruckt. Dennoch konnten nur 1.300 Beschäftigte in acht der heute elf in Adlershof ansässigen außeruniversitären Forschungsinstitute ihre Arbeit fortsetzen. Viele, vor allem junge Forscher waren nach Westdeutschland oder ins westliche Ausland abgewandert. Ungeachtet all dessen blieb der wissenschaftliche Kern Adlershofs erhalten und konnte seine internationale Reputation bewahren. Um das Gewicht der Wissenschaft zu erhöhen, entschied das Land Berlin 1991, die naturwissenschaftlichen Institute der Humboldt-Universität zu Berlin nach Adlershof zu verlegen.
Der wirtschaftliche Aufbau Adlershofs war mühselig. Im September 1991 beschloss der Berliner Senat die Gründung der Entwicklungsgesellschaft Adlershof, der heutigen WISTA-MANAGEMENT GMBH. Auf dem Gelände sollte bis 1994 ein Technologiepark mit mindestens 5.000 Arbeitsplätzen entstehen. Man glaubte, dafür mit Investitionen von 300 Millionen DM auszukommen.
Arbeitslose Wissenschaftler wurden Unternehmer
Zunächst aber kam es zu einem massiven Abbau von Arbeitsplätzen, ein Teil der ehemaligen AdW-Wissenschaftler war in Projekten der Arbeitsbeschaffung beschäftigt. Und wie sah es mit dem privaten Unternehmertum aus? Ein Wissenschaftler als Unternehmer? Kaum vorstellbar! Aber schon 1990 passierte genau das Gegenteil: Mitarbeiter der Akademie machten sich auf den Weg in die Marktwirtschaft und gründeten Unternehmen, die heute den guten Ruf Adlershofs wesentlich mitbestimmen – Unternehmen wie die Bestec GmbH, FMB Feinwerk- und Messtechnik, LTB Lasertechnik Berlin und Sentech Instruments GmbH.
1993 arbeiteten im „technologieorientierten Wirtschaftsbereich“ schon 1.805 Menschen in 110 Einrichtungen. Im selben Jahr beschoss das Land Berlin, in Adlershof auch die Umgebung des Technologieparks städtebaulich zu erschließen. Ziel war es nunmehr, eine „Stadt in der Stadt“ zu errichten, in der „Forschen, Arbeiten, Wohnen, städtische Kultur, Freizeit und Parklandschaft“ vereint sind. Langfristig sollten dort mehr als 30.000 Arbeitsplätze entstehen. Heute, 18 Jahre später, sind es 14.200 Arbeitsplätze. Und sollte es gelingen, das derzeitige dynamische Wachstum beizubehalten, können es im Jahr 2020 28.000 sein. Dann wäre das große Ziel fast erreicht.
von Peter Strunk