Prof. Dr. Ingolf Volker Hertel
Der ehemalige Direktor des Max-Born-Instituts hat durch seine Arbeit bei der IGAFA das heutige Gesicht von Berlin Adlershof wesentlich mitgeprägt
Ingolf Volker Hertel, am 6. Juni 1941 in Dresden geboren, verlebte seine erste Kindheit in Radebeul. Vom 10. Lebensjahr an wuchs er in Freiburg/Br. auf, besuchte ein humanistisches Gymnasium und absolvierte nach der mittleren Reife eine Lehre als Physiklaborant – die Schule war ihm langweilig geworden. Er studierte sodann in Lübeck (heute würde man sagen an einer Fachhochschule), wurde am 19.7.1963 Ingenieur (grad) für Physikalische Technik – mit 22 seinerzeit einer der jüngsten Ingenieure der Republik – und erlangte zugleich die sog. "eingeschränkte Hochschulreife".
Der zweite Bildungsweg war damals noch keine Selbstverständlichkeit, und es bedurfte – trotz exzellentem Examen – einiger Anstrengung, zum Physikstudium an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg zugelassen zu werden. 3 1/2 Jahre später war Hertel Diplom-Physiker und ging nach Southampton, England, um dort Elektronen an Alkaliatomen zu streuen. Mit diesem Material für seine Doktorarbeit promovierte er nur zwei Jahre später, 1969, an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.
Nach einer kurzen Zeit als Assistent in Mainz wurde er Wissenschaftlicher Rat und Professor (entsprechend heute W2) an der neu gegründeten Universität Trier-Kaiserslautern, an deren Aufbau er engagiert mitwirkte, u. a. als erster Dekan der Physik und als Sprecher des ersten Kaiserslauterner Sonderforschungsbereichs "Energietransfer in atomaren Stoßprozessen". 1978 wurde er ordentlicher Professor an der FU Berlin, 1986 Ordinarius für Physik an seiner Alma Mater in Freiburg. Dazwischen lagen Forschungsaufenthalte u. a. als Gastprofessor an der Universidad Nacional in Bogota, Columbien (1973), als Visiting Fellow am JILA, University of Colorado, Boulder, USA (1983/1984) und als Directeur de Recherche am Laboratoire Aimé Cotton des CNRS in Orsay bei Paris (1990).
Nach der Wende zog es ihn zurück nach Berlin, wo er seit Frühjahr 1992 als Direktor am Max-Born-Institut tätig war. Seit Juli 1993 ist er zugleich Universitätsprofessor an der Freien Universität Berlin. Am 30.9.2009 wurde er emeritiert, seit 1. Januar 2010 ist Ingolf Hertel als "Wilhelm und Else Heraeus-Senior-Professor für die Weiterentwicklung der Lehrerausbildung im Fach Physik" an der HU Berlin tätig.
Hertel hat während seiner gesamten Karriere in einer Vielzahl von nationalen und internationalen Gremien der Wissenschaft und Forschungspolitik gearbeitet und als Gutachter gewirkt, so auch als Berichterstatter für die Sonderforschungbereiche der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Er war Herausgeber wissenschaftlicher Zeitschriften und hat maßgeblich an der Formierung des European Physical Journal mitgewirkt. Er hat Forschungsinstitute (z.B. FMF) und -netzwerke (z.B. OpTecBB) mitgegründet, als erster Präsident der heutigen Leibniz-Gemeinschaft zur Entwicklung der deutschen Forschungslandschaft nach der Wende beigetragen und von 1998 bis 2000 als Staatssekretär in der Berliner Wissenschaftsverwaltung gedient. Dabei hat er u.a. den Umzug der Naturwissenschaften der HU nach Adlershof erfolgreich vorangetrieben.
Schon im Mai 1992 wurde die Initiativgemeinschaft Außeruniversitärer Forschungseinrichtungen in Adlershof, IGAFA, gegründet, deren Sprecher Hertel seither war. In dieser Funktion hat er das heutige Gesicht von Berlin-Adlershof wesentlich mitgeprägt. Seit dem 1.10.2009 ist er der IGAFA als deren Ehrenvorsitzender auch weiterhin verbunden. Hertel ist seit 1997 ordentliches Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und erhielt 2004 das Bundesverdienstkreuz erster Klasse.
Ingolf Hertel ist seit über 40 Jahren mit Erika Hertel, geb. Schneppat, verheiratet und hat vier Kinder: Tobias, Physiker in Würzburg, Ivonne, Musikerin in Berlin, Melanie, Physikerin in Frankfurt, und Cornelia, Physikochemikerin in Den Haag. Fünf Enkelkinder warten darauf, dass er als Emeritus mehr Zeit für sie hat.
Das wissenschaftliche Werk des Experimentalphysikers Ingolf Hertel umfasst heute mehr als 300 Peer-begutachtete Originalarbeiten, Buchbeiträge und Reviews. Sein Fachgebiet im weiteren Sinne ist die Chemische Physik, sein derzeitiges Spezialgebiet die Ultrakurzzeitphysik von Molekülen und Clustern. Jüngste Arbeiten konzentrieren sich auf die Wechselwirkung intensiver, kurzer Laserimpulse mit großen, aber endlichen Systemen wie C60 oder Modellpeptiden. Hertel ist zuversichtlich, in diesem Themenfeld noch einige spannende Arbeiten zum Abschluss bringen zu können. Auch Wasser als Molekül, Cluster oder Flüssigkeitstrahl fasziniert ihn nach wie vor.
Den Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Tätigkeit bildet derzeit aber ein großes Lehrbuch, an dem er zusammen mit Dr. Claus-Peter Schulz, einem langjährigen Mitarbeiter, intensiv arbeitet. Band 1 ist bereits erschienen (s. Abb.), Band 2 steht kurz vor der Fertigstellung. Band 3 will er in den nächsten Jahren neben seiner Tätigkeit als Seniorprofessor an der HU auf den Weg bringen.
Kontakt: www.mbi-berlin.de - Max-Born-Institut, Berlin-Adlershof
https://mbi-berlin.de/prof-dr-ingolf-v-hertel/lehre/amo-buecher-homepage - Lehrbuch, Band 1
https://mbi-berlin.de/p/ingolfvolkerhertel - Persönliche Homepage