Schneller zur Diagnose! Verschränkte Photonenpaare sollen beim Kampf gegen Krebs helfen
Forschende am Ferdinand-Braun-Institut in Adlershof entwickeln die benötigten Diodenlaser und Quantenlichtmodule
Krebs ist die zweithäufigste Todesursache und eine der am meisten gefürchteten Krankheiten in alternden westlichen Gesellschaften. Das macht die Erkrankung auch zu einer Herausforderung für die moderne Medizin. Da sich Krebs nicht verhindern lässt, muss er frühzeitig und differenziert erkannt werden, um schnell eingreifen und heilen zu können.
Gewebeschnitte von Patienten schnell zu analysieren ist entscheidend für die klinische Krebsdiagnostik. Damit dies gelingt, muss die Präparationszeit wegen der vielen zu untersuchenden Schnitte verkürzt werden. Ziel ist es, die Tumorzellen mit höchster Zuverlässigkeit nachzuweisen – vorzugsweise ohne Färbung ("markierungsfrei") und binnen kürzester Messzeit. Unter Laborbedingungen wurde mittlere Infrarotstrahlung (MIR) dafür bereits erfolgreich eingesetzt. Jedoch sind die derzeitigen Messzeiten für eine schnelle Diagnose viel zu lang. Daher ist eine Validierung und ein routinemäßiger Einsatz in Krankenhäusern bislang nicht möglich. Den MIR-Ansatz auf die klinische Diagnostik zu übertragen bleibt daher herausfordernd, da der Einsatz von MIR-Licht technisch anspruchsvoll ist. Das betrifft sowohl die Erzeugung als auch den Nachweis in der Anwendung.
Im Projekt „Quantum‐Enhanced Early Diagnostics” (quantengestützte Frühdiagnostik – QEED), das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms "Quantentechnologien – von den Grundlagen zum Markt" gefördert wird, bündeln zehn Partner aus Forschung und Industrie ihre Kompetenzen. Gemeinsam wollen sie in einem neuartigen Ansatz die Voraussetzungen schaffen, um Krebs schneller erkennen und bekämpfen zu können. Wissenschaftler*innen am Berliner Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) werden die benötigten Hochleistungsdiodenlaser bei 1170 nm und 720 nm in einer Master Oscillator Power Amplifier (MOPA)-Konfiguration realisieren. Die MOPAs werden dann in eine eigens entwickelte neuartige Technologieplattform zu Quantenlichtmodulen integriert. Anschließend montiert das EntwicklungsZentrum des FBH diese Module gemeinsam mit den Komponenten der Projektpartner in das fertige QEED-System.
Deutlich kürzere Messzeiten und höhere Zuverlässigkeit
Im Projekt sollen Messinformationen aus dem klinisch relevanten MIR-Bereich in den gut detektierbaren Nahinfrarotbereich (NIR) übertragen werden. Dazu wird ein neuartiges spektral aufgelöstes Bildgebungsverfahren entwickelt, das auf verschränkten Photonenpaaren beruht. Die QEED-Mikroskopie nutzt dazu eine Quantensensortechnologie, mit der Gewebeproben markierungsfrei untersucht werden sollen. Die Messzeit für ein 10-Megapixel-Bild soll sich dabei auf nur zwei Minuten verkürzen. Durch die einfache Präparation kombiniert mit einer schnellen Messung ist ein hoher Probendurchsatz möglich – und damit erstmals eine Integration in klinische Arbeitsabläufe. Von dieser Entwicklung profitieren Patienten, da Biopsieproben künftig schneller und zuverlässiger diagnostiziert werden können. Darüber hinaus soll der Ansatz dazu beitragen, den Anteil der falsch-negativen und falsch-positiven Ergebnisse zu minimieren, die laut dem Deutschen Krebsforschungszentrum mit einem hohen Leidensdruck verbunden sind. Dadurch soll auch die Bereitschaft von Patienten steigen, an Vorsorgeuntersuchungen teilzunehmen.
Auf der Basis innovativer ultra-heller Photonenpaar-Quellen und der darauf abgestimmten Messung und Analytik sind verschiedene Demonstratoren geplant – für die wissenschaftliche (biomedizinische) Forschung und für die klinische Routine mit einer integrierten Fluoreszenzeinheit zur automatisierten Pathologie. Darüber hinaus entwickeln die Partner die neuartigen Module für das QEED-System als unabhängige Komponenten zu eigenständigen Produkten weiter.
Kontakt:
Ferdinand-Braun-Institut gGmbH
Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik
Gustav-Kirchhoff-Str. 4
12489 Berlin
+49 30 63922600
Pressemitteilung des Ferdinand-Braun-Institut gGmbH vom 27.02.2023.