Sparsam und versorgungssicher
Adlershofs Energiekonzept 2020+ soll Primärenergieverbrauch um 30% reduzieren
Adlershof wächst – und damit wachsen auch die Anforderungen an die Energieversorgung des Technologieparks. „Weil sich vor einigen Jahren abzeichnete, dass es in Zukunft zu Engpässen bei den Netzen kommen könnte, beschloss die WISTA-MANAGEMENT GMBH, das Thema grundsätzlich anzugehen und eine Planung aus einer Hand für den künftigen Energiebedarf zu entwickeln“, sagt Frank Wittwer von der Adlershof Projekt GmbH. Daraus entstand das Energiekonzept 2020+.
Das Besondere daran: Das Konzept beschränkt sich nicht auf die Energieeffizienz der einzelnen Gebäude, sondern nimmt das gesamte Gebiet von Adlershof (die 420 Hektar der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme sowie die 47 Hektar der Gleislinse, also des ehemaligen Rangierbahnhofs Schöneweide) in den Blick. Beteiligt am Modellvorhaben sind neben Adlershof Projekt und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auch die TU Berlin und die Megawatt Ingenieurgesellschaft für Wärme- und Energietechnik mbH. Ebenfalls involviert sind die derzeitigen Energienetzbetreiber des Gebiets – Stromnetz Berlin GmbH
und ENB Energienetze Berlin GmbH für Strom, BTB für Fernwärme und Kälte sowie nbb/GASAG für Gas. Gefördert wird das Projekt über das Programm EnEff: Stadt (Forschung für die energieeffiziente Stadt) des Bundesministeriums für Wirtschaft.
„Wir wollen mit dem Konzept unter anderem die Versorgungssicherheit gewährleisten und die noch nicht bebauten Gebiete frühzeitig in die Energieplanung mit einbeziehen“, sagt Dominique Sandten von der Adlershof Projekt GmbH, tätig als Beraterin für die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. Deshalb geht der Zeithorizont bis zur voraussichtlichen vollständigen Auslastung des Gebiets in den Jahren 2026 bis 2032. Damit stehen die Projektbeteiligten vor der Herausforderung, ein Konzept zu entwickeln, das offen ist für künftige Entwicklungen beispielsweise auf technischer und gesetzlicher Ebene.
Bereits fest steht, dass die Stromversorgung der wichtigste Hebel für die Verbesserung der Energiebilanz ist. Der Grund: In Adlershof wird es auch künftig wesentlich mehr gewerblich genutzte Gebäude als Wohnungen geben – und Gewerbebetriebe verbrauchen viel Strom und Kälte, aber relativ wenig Wärme. Deshalb gibt es laut Frank Wittwer Überlegungen, verstärkt Absorptionskältemaschinen einzusetzen, die Wärme in Kälte umwandeln – mit dem Effekt, dass die von Blockheizkraftwerken (BHKW) erzeugte Wärme einen Abnehmer findet.
Grundsätzlich könnten laut einer von Megawatt vorgenommenen Untersuchung fünf Kernmaßnahmen maßgeblich zur Erreichung des Projektziels beitragen: eine verbesserte Beleuchtungstechnik im Bestand, der Bau eines Biomethan-BHKW, die Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden, die Gründung einer Energieeinkaufsgenossenschaft und eine Energieberatung. Der letztgenannte Punkt wird ab 2014 konkret umgesetzt.
„Ein eigens eingestellter Energiemanager wird als Kümmerer die Grundstückseigentümer beraten und alle Stakeholder einbeziehen“, erläutert Megawatt-Prokurist Leonardo Estrada. Wichtig ist dies, weil etwa 120 Eigentümer, 460 Gebäude und 940 Unternehmen in Adlershof präsent und damit vom neuen Energiekonzept betroffen sind. „Dabei werden wir niemanden zu etwas zwingen, sondern setzen auf Überzeugung“, versichert Frank Wittwer von Adlershof Projekt – schließlich lägen niedrige Energiekosten und eine gute Ökobilanz auch im Interesse der Unternehmen selbst.
„Adlershof hat für ein solches übergreifendes Energiekonzept hervorragende Voraussetzungen, weil die Standortpartner gut vernetzt sind“, ist Wittwer überzeugt. Der Blick geht aber über Adlershof hinaus: Mit dem neuen Energiekonzept verbunden ist der Anspruch, Elemente daraus auch auf andere Standorte wie Tempelhof und Tegel zu übertragen.
Von Christian Hunziker für Adlershof Special