Virtuelle Senkrechtstarter
Frischer Wind für die staubtrockene Flugtheorie
Den Traum von der grenzenlosen Freiheit über den Wolken teilen erstaunlich viele Menschen mit dem Sänger Reinhard Mey. Allein in Deutschland wurden 2011 rund 19.000 neue Fluglizenzen vergeben. Vor dem ersten Abheben muss zunächst jedoch nüchterne Theorie gepaukt werden. Nicht immer sehr erfolgreich, wie eine hohe Zahl nicht bestandener Flugprüfungen zeigt.
Sven Kornetzky, Geschäftsführer der spectaculair UG, sieht im veralteten und didaktisch nicht gut aufbereiten Theorieunterricht die Gründe für eine hohe Durchfallquote bei der Flugausbildung. Der passionierte Segelflieger Kornetzky hat sein Hobby zum Beruf gemacht und ist mit seiner Geschäftspartnerin und Kopilotin Sinikka Salchow unternehmerisch durchgestartet, um die Luftfahrtausbildung zu revolutionieren. Mit einer virtuellen Akademie wollen die beiden Luft- und Raumfahrtingenieure frischen Wind in die staubtrockene Flugtheorie bringen.
Interaktive Lernplattform
Rund zwei Jahre hat das flugbegeisterte Duo an einer interaktiven Lernplattform getüftelt, die moderne Lernformen wie Simulationen, Videochats, E-Books, Virtual Whiteboards sowie Foren kombiniert. Das Ergebnis ist eine interaktive Lösung, die sich individuell an die unterschiedlichen Lernbedürfnisse der Schüler anpassen lässt. „Da wir von unserer Form der Wissensvermittlung überzeugt sind, erhält jeder Schüler, der die Prüfung nicht besteht, sein Geld zurück oder darf den Kurs ein zweites Mal kostenlos belegen. Bisher mussten wir dieses Versprechen noch nie einlösen“, verrät Sinikka Salchow stolz.
Bereits die erste Lösung von spectaculair, ein virtuelles Tutorial zum Thema Sprechfunk, hat Branchenexperten überzeugt und brachte den ambitionierten Jungunternehmern den 3. Preis beim Businessplan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg sowie einen Anerkennungspreis beim Gründerwettbewerb IKT-innovativ ein. „Da der Sprechfunk nur rund 20 Prozent der theoretischen Flugausbildung ausmacht, gibt es für uns noch einiges zu tun. Weitere Tutorials zu den Themenfeldern Navigation, Luftrecht und Meteorologie sind bereits angedacht“, skizziert Kornetzky die Zukunftspläne von spectaculair.
Übertragbar ist die E-Learning-Lösung von spectaculair auch auf andere Branchen. Großes Interesse an modernen Lernformen dürfte vor allem die Verkehrsbranche haben, die neue Mitarbeiter auf diese Weise schneller mit komplexen Wartungs- und Sicherheitsvorschriften vertraut machen könnte. Zum Kundenkreis von spectaculair zählen auch Softwareanbieter. Ganz oben auf der Agenda von Kornetzky und Salchow steht die Nachbarschaftspflege am Standort. Luftfahrtaffine Institute und Firmen wie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt oder Price Induction wären ideale Kooperationspartner. Mit dem Sandmännchen hat spectaculair übrigens einen flugerfahrenen Nachbarn, der bereits mit Düsenjets, Hubschraubern und Raumschiffen in die deutschen Wohnzimmer geflogen ist. Ein Nachbarschaftsbesuch steht bislang noch aus.
von Ariane Steffen