Zukunftsachse Adlershof – Lausitz
Entlang des Siedlungssterns – der Bewegungsachsen von Berlin nach Brandenburg – wird die Arbeitswelt der Zukunft entwickelt
Teurer Wohnraum, Stau auf den Straßen, Trend zum Homeoffice: Diese drei Faktoren haben in Adlershof eine Idee reifen lassen, die bald Schule machen könnte. Ihr Name: Innovationsachsen. Menschen müssen nicht mehr zur Arbeit nach Berlin pendeln, sondern siedeln sich im Umland an und arbeiten von dort aus. Nur wenige Tage in der Woche sind sie an ihrem Arbeitsplatz in Adlershof.
„Das Ziel ist, vom Pkw-Verkehr wegzukommen“, sagt der Geschäftsführer der WISTA Management GmbH (WISTA), Roland Sillmann. „Wir müssen weniger Parkplätze in Adlershof zur Verfügung stellen, wenn die Mitarbeitenden mit dem Zug fahren. Gibt es im Zug schon WLAN, können sie dort anfangen zu arbeiten und sind dann zu ihren Besprechungs- und Anwesenheitsterminen pünktlich da.“
Die neue Idee setzt auf die bestehende Infrastruktur der Hauptstadt und ihrem Umland: Der 120 Jahre alte sogenannte Siedlungsstern mit Berlin in der Mitte strahlt mit seinen Bewegungsachsen weit hinein ins Brandenburgische. Entlang dieser Achsen soll nun die Arbeitswelt der Zukunft entwickelt werden. „Unsere erste Partnerstadt wird Lübben sein“, sagt Sillmann. „Wer dort wohnen möchte, erhält an seinem Wohnort Arbeitsraum zur Verfügung gestellt und kommt an zwei, drei Tagen zum Arbeiten nach Adlershof.“
Der Vorteil für Arbeitgebende: bessere Chancen, gutes Personal zu bekommen. Der Vorteil für die Mitarbeitenden: Sie erhalten die Möglichkeit, mobil zu arbeiten, aber nicht mehr wie in den letzten Monaten vom Küchen- oder Wohnzimmertisch aus. Vielmehr steht ihnen ein Coworking-Space mit guter Infrastruktur in der Nachbarschaft zur Verfügung, wo sie Kolleg:innen aus ihrer Firma oder anderen Unternehmen treffen. Dieser Austausch, dieses Netzwerken ist in Adlershof essenziell, auch wenn es sich verändert, je mehr Deutschlands größter Technologiepark mit seinen heute 1.200 Unternehmen und 25.000 Beschäftigten und Studierenden gewachsen ist.
An einer ersten Innovationsachse wird bereits konkret geplant. Sie soll von Berlin in den Südosten reichen, über Adlershof bis in die Lausitz. Lübben und Lübbenau haben die Chance schon erkannt und arbeiten bereits an einem gemeinsamen Gewerbeflächenpool. Als Endpunkt der Achse ist die Stadt Cottbus vorgesehen, die zweitgrößte Stadt Brandenburgs. Gesine Grande, Präsidentin der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg, kurz BTU, betont den Aufschwung in der Region: „Sicherlich haben wir durch den Strukturwandel für die nächsten Jahrzehnte hier in der Lausitz einen noch viel größeren Fachkräftebedarf an Menschen, die etwas von künstlicher Intelligenz, Energie, aber auch von Landschaftsgestaltung und Klimaforschung verstehen“, sagt sie. Der Schwerpunkt liege auf Ingenieurwissenschaften und Informatik. Da sei man schon jetzt sehr gut aufgestellt.
Am anderen Ende dieses Korridors, gut 100 Kilometer von Cottbus entfernt, in Adlershof, hegt man große Erwartungen an die künftige Achse, wie WISTA-Geschäftsführer Sillmann bestätigt. „Es wird für uns im internationalen Vergleich wichtig sein, dass wir den Anschluss zum Lausitz Science Park gut hinkriegen“, sagt er. „Er hat von der Fläche her immerhin das Potenzial unter die Top-Drei-Parks in Deutschland zu kommen. Adlershof ist die Nummer eins. Und wenn wir die Nummer eins und die Nummer drei verbinden, hätten wir sicher eine extreme Strahlkraft in Deutschland, auch in Europa.“ So könnte Berlin-Brandenburg in Zukunft Europas Wissenschafts- und Innovationsregion Nummer eins werden.
Stefan May für POTENZIAL