Alles Kulisse
In Adlershof geben sich Requisiteure die Klinke in die Hand
„Die Bühne scheint mir der Treffpunkt von Kunst und Leben zu sein“, sagt Oscar Wilde. Ohne Spezialisten wie die Dekorationsbauer der drei d medien service und Set-Time Bühnentechnik, Kulissenmaler Mario Schünemann oder den Kostüm-Fundus in Adlershof würde diese Bühne oft ziemlich unspektakulär daherkommen.
Zwei goldene Rehkitze haben es sich im Besprechungsraum des Unternehmens drei d gemütlich gemacht. „Echte Bambis“. Das Eine ein Muster für eine dreieinhalb Meter hohe Kopie, das Zweite „ersteigert“. Mehr als 15 Jahre haben die Dekorationsbauer der drei d medien service die Kulisse für die Bambi-Verleihung gebaut. Genau wie für die in den benachbarten Studios produzierten Shows „The Voice of Germany“ oder „The Voice Kids“. Deren Highlight ist das überdimensionale „The Voice“-Keyvisual – die Hand mit dem Mikrofon.
Das Unternehmen arbeitet für alle Fernsehsender und namhafte Produzenten wie Endemol oder Constantin, stattet deren Produktionen mit Licht-, Ton- oder Kameratechnik aus, oder eben mit der richtigen Kulisse. Auch im Anne-Will-Studio bedient man sich nachbarschaftlicher Hilfe. Die Theatermaler, Tischler, Schlosser und Dekorateure der Set-Time realisieren Filmbauten, Dekorationen und Requisiten für Outdoor- oder Studioproduktion, nicht nur für den Polittalk aus dem Studio H, sondern auch für den rbb-Sommergarten, das Kanzlerduell oder die Show des Berliner Komikers Kurt Krömer.
Mit dem Pinsel den Zahn der Zeit für das schnelllebige Film- und Fernsehgeschäft zu beschleunigen, ist die Spezialität des Adlershofer Dekorationsmalers Mario Schünemann. „Dinge in die richtige Zeit versetzen“, nennt er das. Ein gutes Gefühl für Relationen und Proportionen gehört zum Handwerk. Und ziemlich viele Tricks. Eisblumen am Fenster entstehen mit Bittersalz und Bier. Um Textilien zu altern, nutzt er Tee oder auch seine „Mumpe“, einen Spezialmix – von allem etwas und manchmal kommt sogar Bier rein. Schünemann „malte“ als Lehrling beim Fernsehen der DDR für die Unterhaltungssendung „Ein Kessel Buntes“ oder den „Polizeiruf“, heute für „Bernd das Brot“ und Galas wie Goldener Löwe oder Deutscher Filmpreis.
Wer sich in die 4.000 Quadratmeter große Unterwelt der Produktionshalle in der Media City begibt, findet labyrinthische Gänge und Regale bis unter die Decke, vollgestopft mit Requisiten, Kostümen, Dekorationen. Schätze wie historische Bücher und Plakate gibt es dort ebenso wie unzählige Ausstattungsgegenstände für Film- und Fernsehproduktionen, für Theater oder Stadtfeste.
Requisiteure geben sich die Klinke in die Hand. Das Ergebnis ist dann zu bestaunen in Filmen wie „Sonnenallee“, „Die Flucht“ oder „Das Leben der Anderen“. Vor der Wende stattete der Fundus die DEFA und das DDR-Fernsehen aus, heute ist der Berliner Fundus einer der größten in Deutschland und der wichtigste für DDR-Requisiten weltweit. Der populärste Schatz des Fundus: das Kino-Wohnzimmer Daniel Brühls aus dem Film „Goodbye Lenin“, komplett rekonstruiert. Bis auf die Tapete stammt alles von hier, jedes Buch und jede Tasse, selbst der Pionierkalender.
Von Franziska Hönow für Adlershof Special