Arbeit ist nicht alles!
Mit einem neuen Wohngebiet und vielen Dienstleistern kehrt Leben in die Wissenschaftsstadt ein
Nach Feierabend macht der Letzte das Licht aus? Nicht in Adlershof. Nicht mehr. Denn langsam fügen sich die Puzzleteile, die den Campus nicht nur als Arbeitsort, sondern als urbanen Ort attraktiv machen. Mit neuen Bewohnern und etlichen Dienstleistungen kehrt Leben ein.
Rund 24.000 Menschen arbeiten, forschen und studieren in der Wirtschafts- und Wissenschaftsstadt. Gerade zur Mittagszeit herrscht hier reges Treiben, wenn alle in die Kantinen, Bistros und Mensen strömen. Doch abends, wenn alle wieder Richtung Innenstadt heimstreben, gingen bislang die meisten Lichter aus. Das hat sich geändert und wird sich weiter wandeln, denn mit neuen Wohnungen und vielen Dienstleistern geht Adlershof auch nach Feierabend nicht der Atem aus.
Vertraut wie in einem Dorf
Einer der ersten, die hier Quartier bezogen haben, ist Serguei Patchkovskii, Chemiker am Max-Born-Institut. Er bewohnt gemeinsam mit seiner Frau eine Eigentumswohnung im Areal „Wohnen am Campus“. Hier wird Wohnraum für rund 2.500 Neu-Adlershofer entstehen – Lebensorte für Singles, Familien, Senioren, Studenten, Professoren. Eine bunte Mischung, die sich schon in der Architektur der Häuser spiegelt. Auch wenn Patchkovskii in seinem Haus mit 24 Apartments zu den Pionieren zählt, mag er schon jetzt den Mix: „Hier leben viele unterschiedliche Leute und es ist ein bisschen so.“ Genau das macht für den Wissenschaftler das Leben in Adlershof aus: „Es ist entspannt, nicht so vollgestopft und hektisch wie in der City und naturnah. Es gibt sogar Schafe!“ Okay, der kurze Weg zur Arbeit ist auch nicht zu verachten. „Das Einzige, was mir als begeistertem Schwimmer fehlt, ist ein Schwimmbad“, sagt Patchkovskii.
Guter Mix von Altbau und Moderne
Ein wenig schade sei auch, dass viele Cafés und andere Ausgehmöglichkeiten am Wochenende geschlossen hätten. „Ich gehe aber davon aus, dass sich das ändern wird, wenn mehr Leute hier wohnen“, ist Patchkovskii zuversichtlich. Und wenn etwas in Adlershof beständig ist, dann der Wandel. „In den vergangenen 14 Jahren hat sich hier eine Menge verändert“, sagt Martina Freier. Solange arbeitet sie schon als Bauingenieurin im Büro für Umweltplanung. „Anfangs war der Standort noch sehr von der Altbebauung geprägt, was nicht sehr einladend war“, erinnert sie sich. Gut gelungen sei es, die moderne Architektur mit alten, erhaltenswerten Gebäuden zu verbinden.
Allein schon mit der Rudower Chaussee hat Adlershof eine lebhafte Hauptschlagader bekommen. In den Geschäften hier gibt es alles, was man braucht. Ärzte, Banken, Fitnessstudios, Kitas, ein Copyshop und, ganz neu, ein Sushi-Restaurant runden das Angebot ab. Weitere Flächen für Dienstleister werden im Europa-Center entstehen. Sogar ein kleines, feines Kochstudio, das „Kochatelier Adlershof“, hat sich mit Kursen und kulinarischen Events einen guten Ruf erarbeitet, was auch Innenstadtbewohner hierher lockt.
Schwimmbad auf der Wunschliste
Martina Freier schätzt zwar die abwechslungsreiche Gastronomie, wünscht sich aber, dass Leben und Arbeiten noch stärker verzahnt werden. Bedarf sieht sie beispielsweise an Boutiquen, einem Biergarten, etwa im Landschaftspark, an kulturellen Angeboten, wie einem Open-Air-Kino, oder einer Schwimmhalle, die es hier früher mal gab. „Insgesamt fehlt noch etwas die Kiezatmosphäre“, bedauert sie. Hilfreich könnte eine stärkere Verbindung zu Alt-Adlershof sein. „Allerdings hat sich die Dörpfeldstraße in den vergangenen Jahren nicht adäquat zu dem neuen Teil von Adlershof entwickelt.“ Das könnte sich bald ändern, denn diese soll mit Bundesmitteln aus dem Förderprogramm „Aktive Zentren“ urbaner, vitaler und lebenswerter werden.
Campusbewohner Patchkovskii hat jedenfalls bereits Gefallen an dem rauen Charme jenseits des S-Bahnhofes Adlershof gefunden: Er mag den Wochenmarkt, die Blumenläden und das Einkaufsangebot dort.
Von Chris Löwer für Adlershof Journal