Die Welt an der Fingerspitze
Wettershows fürs Fernsehen mit Daten der MeteoGroup
Es ist noch nicht lange her, da stand ein älterer Mann mit Fliege und einem Zeigestock vor einer Karte mit aufgemalten Wolken und Zahlen. Er präsentierte in einem deutschen Fernsehsender das Wetter. Heute ist die Wetterpräsentation im Fernsehen Teil der Unterhaltung, alles bewegt sich, werden die Zuschauer über Facebook und Twitter aktiv einbezogen. Mit einem Fingerstreich bewegen Moderatoren Weltkugeln, Sturm- und Regenfronten über 3-D-Karten von Ozeanen, Kontinenten, Städten und Ländern. Meteorologische Daten, Software und Grafik für diese Wettershows für TV-Stationen in ganz Europa kommt nicht selten aus Adlershof.
Meteorologische Anwendungen für Wirtschaftsunternehmen
Ist der Winter kalt und klar, wird der Sommer wunderbar – auf Wetterregeln wie diese will sich heute keiner mehr verlassen. Nicht die Landwirtschaft, nicht die Energieunternehmen, ob konventionelle oder erneuerbare, nicht Winter- und Straßendienste. Die maritime Schifffahrt optimiert ihre Routen nach den Vorhersagen von Wetterdiensten. Das Wetter – und das Wissen darum, wie es wird, spielt für viele Wirtschaftszweige eine herausragende Rolle im täglichen Geschäft. Für Privatpersonen ist es so wichtig, dass TV-Stationen aus ihren Vorhersagen eine meist mehrminütige Unterhaltungsshow im Rahmen ihrer Nachrichtensendung gemacht haben.
Auch der Verkauf von Lebensmitteln, wie zum Beispiel Eis, hängt vom Wetter ab. „Es gibt sogar günstiges Shopping-Wetter“, sagt Anne-Kerstin Tschammer, PR- und Marketing-Managerin bei MeteoGroup. Gutes Shoppingcenter-Wetter ist nicht zu warm, nicht zu kalt und nicht zu schön. Schlechtes Shoppingcenter-Wetter heißt Temperaturextreme, Unwetter und schöne Tage nach einer Schlechtwetterperiode. „Welches Wetter für ein einzelnes Shoppingcenter ideal ist, berechnen wir anhand der historischen Besucherzahlen und Absatzdaten, die wir mit einer Vielzahl von Wetterinformationen abgleichen.“
Wetterdienstwurzeln in Niederlande
Die Wurzeln des international tätigen Unternehmens reichen zurück in das Jahr 1986. Harry Otten, ein bekannter niederländischer Wettermoderator, gründete damals einen der ersten privaten Wetterdienste Europas, die Meteo Consult. 1993 expandierte das Unternehmen nach Deutschland, dann weiter nach ganz Europa, unter anderem nach Frankreich, Skandinavien und Großbritannien sowie in die Beneluxländer. 2008 entsteht MeteoGroup. Der Wetterdienst konzentriert sich in den ersten Jahren auf meteorologische Anwendungen für Wirtschaftsunternehmen – eine Marktlücke. Stetig steigt auch das Interesse der Medien an hochwertigen Wetterdienstleistungen und so versorgt MeteoGroup heute zahlreiche TV-Sender und Radiostationen in ganz Europa. 120 Menschen, Informatiker, Grafiker, vor allem Meteorologen arbeiten in Adlershof.
Graeme Garson, für die TV-Kunden des Unternehmens zuständig, hat die Welt an seinen Fingerspitzen. Gerade zeigt er auf einem Monitor ein Sturmtief in der Karibik, größer als Westeuropa. Dann dreht er die Weltkugel und zoomt sich mit Zeigefinger und Daumen nach Australien. An der Fingerspitze erscheinen aktuelle Wetterdaten, die Temperatur, die Niederschlagsmenge, die voraussichtlichen Sonnenstunden – je nach Interesse und Einstellung. Wie mit einer fliegenden Kamera überquert er dreidimensionale Städte, fliegt zwischen den Wolken, über Gebirge und Meere. Farben, Daten und Wetterlagen ändern sich dabei ständig unter seinem Finger.
Wetter in Echtzeit
„Wetter“, sagt Graeme Garson, „ist heute ein wichtiger Teil der News.“ Unzählige Daten aus unzähligen Wettermodellen laufen bei MeteoGroup zusammen. TV-Präsentationen zeigen Wetter in Echtzeit. Das ermöglichen sogenannte Real-Time-Systeme. Der TV-Sender RTL war einer der ersten Kunden, der die Wettersysteme von MeteoGroup einsetzte. Heute gehören fast alle öffentlich-rechtlichen Sender und viele private TV-Stationen zum Kundenstamm des Unternehmens. Mit einer Niederlassung auf den Philippinen erobert es den ostasiatischen Markt. „Hier sind die Ansprüche ganz andere, vor allem, wenn es um Arbeitsabläufe – Workflows – geht oder auch um die Präsentation“, sagt Garson. „Die Wahrnehmung ist dort anders als in Europa.“
Meistverkaufte Wetter-App
Das MeteoGroup-Wetter kann man heute sogar mitnehmen: Die meistverkaufte Wetter-App für Smartphones „Weather-Pro“ stammt aus dem Unternehmen. „Doch trotz aller Daten“, ergänzt Tschammer, „Vorhersagen mit 100-prozentiger Garantie gibt es nicht. Dazu gibt es zu viele Faktoren, die das Wetter beeinflussen.“ Trotzdem findet sie, dass Meteorologie keine Wahrsagerei ist. „Es ist Wissenschaft gepaart mit Erfahrung. Kurzfristig kann man sehr präzise vorhersagen. Aber Anfang Dezember sicher zu sagen, ob es weiße Weihnachten gibt, das wäre unseriös.“
Von Rico Bigelmann für Adlershof Journal