Einfach ins All
Berlin Space Technologies mit Trainingsprogrammen zum Satellitenbau
Die Berlin Space Technologies GmbH ist eine von nur einer Handvoll deutscher Firmen, die Satelliten komplett selbst herstellen, und die einzige, die ein kommerzielles Trainingsprogramm zum Satellitenbau anbietet.
Zwischen Lego und dem LEOS liegen Welten – doch eines eint sie: Der Kleinsatellit LEOS (Low Earth Orbit Satellite) wird einfach wie ein Bausatz zusammengefügt. Fast jedenfalls. Das kann man lernen: Die Kunden der Adlershofer Firma Berlin Space Technologies GmbH (BST), meist Raumfahrtagenturen oder Universitäten aus Schwellenländern, sind nach dem Besuch des BST Trainingsprogramms in der Lage, eigenständig Satelliten zu entwerfen und aufzubauen.
Erschließung neuer Märkte
Das klingt zunächst nach einem schlechten Geschäft, denn wer sich seine Satelliten selber baut, wird in Zukunft keinen mehr bestellen. „Im Kern jedoch bietet das Modell mehr Chancen als Risiken, da die Kunden über Lizenzvereinbarungen angehalten werden, die benötigten Subsysteme bei uns einzukaufen“, erklärt Tom Segert, Director of Business Development und Mitgründer von BST. „Und genau wie Legobausteine zum Experimentieren mit neuen Ideen inspirieren, erschließen wir in Drittländern mit den Trainingsprogrammen Märkte, die sonst für ausländische Firmen wie BST unzugänglich wären.
Das technische Design der von BST entwickelten LEOS-Plattform ist flexibel und ermöglicht Satelliten mit 30 bis 100 kg Startmasse. Der Charme der Lösung: „Ein Großteil der elektronischen Komponenten, die wir für ihren Einsatz im Orbit optimieren, stammt nicht aus der Raumfahrt, sondern aus der normalen Industrie“, sagt Segert. Das und der Zusammenbau von Folgesatelliten in Eigenregie erspart dem Kunden enorme Kosten.
Raumfahrtfirma ohne deutsches Steuergeld
Berlin Space Technologies wurde vor vier Jahren von Matthias Buhl, Björn Danziger und Tom Segert gegründet und ist bis heute auf 22 Mitarbeiter gewachsen. „Als einzige deutsche Raumfahrtfirma benötigen wir für unser Geschäft kein deutsches Steuergeld“, betont Segert nicht ohne Stolz. Und: „Wir sind erst die zweite deutsche Firma, die in Deutschland kommerzielle Satelliten ohne Beteiligung vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt oder der Europäischen Weltraumorganisation ESA baut.“
Erfolgsrezept von BST ist die Umsetzung des ursprünglich an der Technischen Universität Berlin entwickelten TUBSAT-Ansatzes, nach dem Kleinsatelliten konsequent einfach gebaut werden. „Wir zielen auf etwa 80 % der Leistung bei 30 % der Kosten traditioneller Raumfahrtsysteme“, erklärt Segert. Das Keepit-simple-Prinzip zahlt sich also aus. Der 34-Jährige, der selbst lange Jahre an der TU Berlin tätig war, spricht ganz wie ein Unternehmer, doch den Schwung eines Jungwissenschaftlers, der schnellen Schrittes in legeren Jeans und Old School Sneakers durch das Zentrum für Mikrotechnik und Materialien (ZMM) federt, hat er sich bewahrt.
„Kent Ridge 1“
Aktuell wird am ZMM, wo das Unternehmen insgesamt 625 Quadratmeter Büro- und Laborflächen angemietet hat, an „Kent Ridge 1“, einem 80 kg schweren Hochleistungsmikrosatelliten mit neuartigen Hyperspektralkameras, geschraubt. KR1, der in Kooperation mit der Nationalen Universität Singapur im Rahmen eines Trainingsprogramms entsteht, wird nach nur knapp zwei Jahren Entwicklungszeit Ende 2015 ins All gestartet, um von dort wissenschaftliche Daten an die Erde zu funken. Im Anschluss an KR1 sind weitere Trainingsmissionen geplant, berichtet Segert.
„In fünf bis zehn Jahren sehen wir uns als eine der weltweit führenden Firmen in der internationalen Raumfahrtausbildung und etablierten Anbieter für Low-Cost-Satelliten“, wirft Segert einen Blick in die Zukunft und fühlt sich in Adlershof gut aufgehoben: „Das lokale Umfeld mit der hohen Dichte an Forschungseinrichtungen und innovativen klein- und mittelständischen Unternehmen gibt uns viele Kooperationsmöglichkeiten und ist ein hervorragender Ausgangspunkt für weiteres Wachstum.“
Von Chris Löwer für Adlershof Journal