Gemeinsam wachsen
Wie Adlershofs Hightech-Unternehmen Vergrößerung meistern
Sie sind innovativ, treffen den Nerv des Marktes und wachsen überproportional: Hightech-Unternehmen aus Adlershof. Doch wie hält die Mannschaft damit Schritt? Denn nur wenn alle motiviert an einem Strang ziehen, werden dauerhaft Erfolgsgeschichten geschrieben. Wir stellen zwei Firmen vor, die wissen, wie das geht.
Wo wird BST Berlin Space Technologies in fünf Jahren stehen? Tom Segert, Mitgründer des Unternehmens für Mikrosatelliten, schüttelt nur den Kopf: „Ich weiß es nicht.“ Denn bisher verlief das Geschäft völlig unerwartet: „Hätte mir vor fünf Jahren jemand gesagt, wie schnell BST wächst, hätte ich das nicht geglaubt.“ In Zahlen: 2012 setzte die Adlershofer Firma überschaubare 50.000 Euro um, in den Folgejahren waren es 350.000 Euro, dann 2,25 Mio. Euro und für das laufende Jahr erwartet Segert 4,5 Mio. Euro. Aus den anfangs vier Mitarbeitern sind 24 geworden. Los ging es auf 50 m2 im Zentrum für Mikrosysteme und Neue Materialien, jetzt ist die Raumfahrtfirma mit 660 m2 Büro- und Laborflächen dort einer der größten Mieter.
Erschwingliche Weltraumtechnik
Ende des Jahres wird nach nur knapp zwei Jahren Entwicklungszeit der neuartige Hochleistungsmikrosatellit „Kent Ridge 1“, der in Kooperation mit der Nationalen Universität Singapur entstand, ins All starten, um von dort wissenschaftliche Daten an die Erde zu funken. Vor allem im Ausland, besonders den USA und Indien, sieht Segert riesige Märkte: „Wir wollen mittelfristig zum führenden Anbieter dieser Weltraumtechnik werden.“ Damit meint er konsequent einfach gebaute, jedoch sehr leistungsfähige Kleinsatelliten, bei denen ein Großteil der elektronischen Komponenten für ihren Einsatz im Orbit optimierte Standardware ist – so wird Weltraumtechnik erschwinglich. Allein Google plant in den nächsten Jahren, 4.000 solche Satelliten ins All zu schießen. Es verwundert also nicht, dass Segert keine Wachstumsprognose abgeben will. Klar dürfte nur sein, dass es weiter aufwärts gehen wird.
Flexible Arbeitszeiten
Wie hält die Mannschaft damit Schritt? „Unsere sehr familiäre Unternehmenskultur hat sich bisher nicht verändert“, berichtet Segert. Die Hierarchien sind flach, die drei Geschäftsführer, Matthias Buhl, Björn Danziger und Segert haben jederzeit ein offenes Ohr. In dem multikulturellen Team wird Englisch gesprochen. Der Umgangston ist locker und freundschaftlich. Zwar gibt es gemeinsame Unternehmungen wie einen Ausflug auf die Kartbahn, doch große Teambuilding-Kunststücke muss das Führungsteam nicht vollbringen. „Das Thema an sich ist spannend, schweißt zusammen und treibt an. Schließlich bauen wir keine Kaffeemaschinen“, sagt Segert. Wichtig sei es auch, die Arbeitszeiten so flexibel wie möglich zu gestalten – Freiraum, der motiviert. „Kicker müssen wir hier nicht aufstellen, um unsere Mitarbeiter bei Laune zu halten“, lacht er.
Flache Hierarchien, familiäres Klima
Das muss auch Jan Trommershausen, Geschäftsführer der AEMtec GmbH, nicht. In der auf miniaturisierte und komplexe elektronische Schaltungen spezialisierten Firma herrschen flache Hierarchien, ein offenes und familiäres Klima. Gerechtigkeit und Gemeinschaft werden großgeschrieben.
„Bei der Entlohnung achten wir darauf, mit gleichem Maß zu messen. Wichtig ist es, Erfolge zu honorieren“, erklärt Trommershausen. Etwa mit einer Produktivitätsprämie in der Fertigung, die bis zu zehn Prozent des Grundlohns betragen kann. Das zahlt sich nicht nur individuell aus: Der Umsatz von AEMtec ist von 15 Mio. Euro im Jahr 2009 auf 45 Mio. Euro 2014 und die Mitarbeiterzahl im gleichen Zeitraum von 78 auf 155 gestiegen. „Trotzdem kenne ich jedes Gesicht“, sagt der Chef. Nach wie vor wird sich geduzt und die Bürotüren der Führungsetage bleiben offen.
Zusammengeschweißt hat das Team auch der Neubau in der James-Franck-Straße – von der Planung bis zum Umzug waren die Mitarbeiter eingebunden. Das gilt auch für das Thema „Kunst am Bau”: Auf über 600 Quadratmetern wurden die Wände mit einem Comic über das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine tapeziert, worin Ideen des Teams einflossen. Das zeigt, was Trommershausen meint, wenn er sagt: „Es kommt darauf an, ein Umfeld zu schaffen, das antreibt, wodurch letztlich Erfolge erst möglich werden.“
Von Chris Löwer für Adlershof Journal