Erwachsen: 30 Jahre Technologiepark Adlershof
Ein Unternehmer, ein Wissenschaftler und eine Projektverantwortliche erinnern sich und schauen nach vorn
Schon wieder 30 Jahre her?! Oh, ja. Der Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Adlershof feiert im März runden Geburtstag. Ein Unternehmer, ein Wissenschaftler und eine Projektverantwortliche aus Adlershof schauen zurück, ziehen Bilanz und wagen einen Blick in die Zukunft.
Sein gesamtes Berufsleben hat Uwe Schneck, Managing Director der FMB Feinwerk- und Messtechnik GmbH, in Adlershof verbracht. Direkt nach dem Studium startete der junge Ingenieur im Sommer 1984 im Institut für Kosmosforschung ins Arbeitsleben. Fünf Jahre später wechselte er ins Zentrum für wissenschaftlichen Gerätebau. Weil die Zukunft nicht nur dieses Adlershofer Institutes nach der Wende in den Sternen stand, wagte er mit Kollegen den entscheidenden Schritt – Schneck gründete im Herbst 1990 die FMB. Eine Adlershofer Erfolgsgeschichte, die wahrscheinlich nur hier so geschrieben werden konnte. Schneck zählt zu den Pionieren des Wissenschafts- und Technologiestandortes, die hier etwas wagten, mit ihrem Mut und vor allem innovativer Hochtechnologie den Standort zu dem machten, was er heute ist.
Los ging es für FMB mit zwölf Beschäftigten in einer Baracke, die heute längst abgerissen ist. Das Unternehmen entwickelte sich rasch zu einem Systemanbieter von Ausrüstungen für die Forschung mit Synchrotronstrahlung – Engineering, Fertigung und Montage kommen aus einer Hand. Beziehungsweise: aus vielen. Denn mittlerweile hat die Firma in Adlershof mehr als 60 Beschäftigte. „In all den Jahren haben wir stets Gewinne erwirtschaftet“, berichtet Schneck, der bescheiden von einer „kontinuierlichen Entwicklung“ spricht. Doch so stet war sie nicht: Im Oktober 2007 verleibten sich die Adlershofer einen ihrer Hauptkonkurrenten, die ehemalige Oxford Instruments Limited, ein, durch die weiteres Know-how, Kunden und mehr als weitere 60 Mitarbeiter/-innen zu FMB kamen. Ein Meilenstein.
Ein weiterer, der eng mit dem Standort verknüpft ist, ist der Bau des Elektronenspeicherrings BESSY II. Das Vakuumsystem dafür lieferte FMB: „Mit dieser Referenz sind wir in den Markt gekommen, was uns viele Folgeaufträge bescherte“, erklärt Schneck. „Seither haben wir für weltweit fast alle Speicherringe die Vakuumsysteme geliefert.“ Außer nach China und Japan. Doch das ist ein Markt, den die Berliner in Zukunft anvisiert haben.
Schneck scheut keine Herausforderungen. Dabei steht die wohl größte seiner Firma noch bevor: der Generationenwechsel. „In fast allen Unternehmensbereichen arbeiten noch Beschäftigte der ersten Stunde, die nun auf die Rente zusteuern“, erklärt Schneck. Der 64-Jährige nimmt sich da nicht aus: Im Laufe des Jahres wird er sich aus dem operativen Geschäft zurückziehen und seinem Nachfolger beratend zur Seite stehen. Um die Zukunft des Wista-Geländes ist ihm nicht bang: „Toll, was sich hier entwickelt hat; es gibt nichts Vergleichbares. Die einzige Herausforderung besteht nun darin, das Erreichte zu erhalten.“
Wenn Matthias Schnürer, Projektleiter am Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie, morgens zur Arbeit durch die Rudower Chaussee fährt, staunt er manchmal immer noch: „Dass sich der Standort derart wandeln und eine Vision wahr werden würde, war Anfang der 1990er Jahre nicht abzusehen – und das spiegelt sich in der Magistrale.“ Schnürer arbeitet, von einer kurzen Unterbrechung abgesehen, seit 1984 hier. Anfangs beim Zentralinstitut für Optik und Spektroskopie, was sein weiteres Berufsleben geprägt hat. Neuartige Lichtquellen im Röntgenbereich sind sein Thema. Damit ist er am Standort gut aufgehoben: „Für unsere Arbeit ist der Campus, unter anderem durch BESSY, wissenschaftliche Institute und Unternehmen ideal“, erklärt der Experimentalphysiker, „ein Glück, an einem solchen Ort arbeiten zu können.“
Allerdings: Trotz der guten Voraussetzungen wanderten über die Jahre hinweg einige Talente aus seinem fachlichen Umfeld in das Ausland oder den Süden der Republik ab, was der 64-Jährige bedauert und hofft, dass Adlershof in dieser Hinsicht künftig noch mehr Strahlkraft entwickelt. Was im gewissen Sinne auch für das urbane Leben gelte: „Nach 20 Uhr wird hier alles hochgeklappt“, bedauert der Wissenschaftler und wünscht sich für die Zukunft ein „etwas bunteres soziales Leben“ nach Feierabend. Ansonsten zweifelt er nicht daran, dass sich „der Erfolg verstetigen“ wird.
„Vor 30 Jahren gab es keine Blaupause für Adlershof“, erinnert sich Susann Niemeyer an die großen Herausforderungen beim Aufbau des Technologieparks. Sie ist fast von Anfang an mit von der Partie bei der Betreibergesellschaft des Standorts. „Wir haben schnell gelernt, was Unternehmen brauchen, um zu wachsen“, so die Teamleiterin IT und Dienstleistungen bei der WISTA Management GmbH. Sie war an der Konzeption der Technologiezentren beteiligt, sieht sich hauptsächlich als Netzwerkerin. Heute betreut sie rund 100 IT- und Medienfirmen und damit eins der fünf Technologiecluster in Adlershof.
Niemeyer hofft, dass die Adlershofer Firmen die Pandemie gut überstehen. Bislang gebe es nur sehr wenige Mietstundungen, gebaut wird unbeirrt weiter. Schon während der Dotcom-Blase und der Solarkrise habe sich gezeigt, dass der vielfältige Branchenmix kleiner und mittlerer Unternehmen, die enge Anbindung der Firmen an die Wissenschaft und auch die Arbeit der WISTA als ‚Kümmerer‘ den Technologiepark robuster mache in Krisensituationen. Kühner Ausblick: Wo sieht sich die Teamchefin in 30 Jahren? „Ich hoffe, bei guter Gesundheit mit unserem Wohnmobil irgendwo in Europa. Ein Besuch in Adlershof in regelmäßigen Abständen wird aber auch immer Pflicht sein.“
Von Chris Löwer für Adlershof Journal