Grenzenlos forschen
Neues fachübergreifendes Integratives Forschungsinstitut IRIS Adlershof
Perfekt strukturierte Halbleiteroberflächen? Kein Problem für Physiker. Leitfähige Schichten aus Makromolekülen oder isolierte DNA? Das liefern Chemiker in hervorragender Qualität. Wie aber bringt man beides zusammen? Auch hier ist das Ganze mehr als die Summe seiner Teile: Die anorganisch-organischen Hybridmaterialien können ganz neue, unerwartete elektronische, chemische oder optische Eigenschaften haben und damit ganz neue Lösungsmöglichkeiten bieten, zum Beispiel für Solarzellen, Leuchtdioden oder Speichermedien. Dabei helfen Mathematik und Informatik, die Eigenschaften zu berechnen.
„Probleme machen vor Fächergrenzen nicht halt“, sagt Nikolai Puhlmann. Deshalb haben sich exzellente Berliner Forscher auf dem Campus Adlershof zusammengetan und das neue Forschungsinstitut „Integrative Research Institute for the Sciences“, IRIS Adlershof gegründet, das am 12. Juli 2010 feierlich eröffnet wurde.
„Hiermit wollen wir großen, interdisziplinären Forschungsprojekten einen neuartigen, institutionalisierten Rahmen bieten“, sagt Puhlmann, Geschäftsführer von IRIS. „Dabei wollen wir keinesfalls ein Konkurrenzunternehmen sein zu den etablierten Instituten für Physik, Chemie, Mathematik oder Informatik der Humboldt-Uni oder zu den außeruniversitären Forschungseinrichtungen.“ An denen bleiben die Wissenschaftler auch weiterhin angestellt. Vielmehr wolle man die vielfältigen Kompetenzen noch besser bündeln und dabei insbesondere von den hervorragenden Bedingungen auf dem Campus Adlershof und der Nähe zu außeruniversitären Forschungsinstituten und forschungsstarken Unternehmen profitieren.
Open Access Labs
Letztere sollen beispielsweise auch die neu zu errichtenden Open Access Labs nutzen, Labore, die zu unterschiedlichen Themen eingerichtet werden, aktuell gerade für die Hybridmaterialien. „Durch die Integration der Hightechunternehmen versprechen wir uns neue Impulse für anwendungsnahe Aspekte“, erläutert Puhlmann.
Der inhaltliche Kitt des neuen Instituts ist interdisziplinäre Forschung auf den Spezialgebieten der beteiligten Institutionen: moderne Optik, molekulare Systeme, mathematische Physik und computergestützte Modellierung. Dahinter verbirgt sich nicht nur die Entwicklung von Hybridmaterialien. Auch ganz fundamentale Probleme der mathematischen Physik können unter dem Dach von IRIS erforscht werden.
Zum Beispiel der uralte Traum von der Weltformel, mit der die Struktur von Raum, Zeit und Materie auf sehr großen und sehr kleinen Zeitskalen und in komplexen Systemen auf einfache Prinzipien zurückgeführt werden soll. „Wir sind offen für ganz unterschiedliche Projekte, an denen Wissenschaftler verschiedener Fachbereiche gemeinsam forschen wollen“, betont Puhlmann. Da könne es schon beim Einwerben der Forschungsmittel von Vorteil sein, wenn eine Institution im Hintergrund steht, die auch administrative Unterstützung bieten kann und Nachhaltigkeit sichert.
Auch an den wissenschaftlichen Nachwuchs ist übrigens gedacht: Im Humboldt- ProMINT-Kolleg wollen Lehrer gemeinsam mit Studierenden und Wissenschaftlern neue Lehr- und Lernkonzepte für die Schule und die Lehrerbildung erarbeiten und durch Praktika in Adlershofer Unternehmen und Einrichtungen ungewöhnliche Einblicke in die aktuelle Praxis von Forschung und Entwicklung gewinnen.
Finanziert wird IRIS zurzeit über eine Anschubförderung der Humboldt-Uni, mit dem Land Berlin befindet man sich noch in Verhandlungen. Mittelfristig soll sich IRIS aus eingeworbenen Drittmitteln größtenteils selbst tragen.
von Uta Deffke
Link: www.iris-adlershof.de