Heilsame Wirkung
Was (grüne) Biotechnologie wirklich zu leisten vermag, zeigen Adlershofer Unternehmen. Wir stellen zwei vor, die durch ihre Innovationen das Zeug zum Gamechanger haben
Sie stehen im Verdacht, bereits in kleinsten Mengen krebserregend zu sein sowie Leber, Nieren und Erbgut zu schädigen: Nitrosamine. Ein solcher Stoff hat nichts in Medikamenten zu suchen. Doch ausgerechnet bei einem blutdrucksenkenden Mittel, das täglich und mitunter lebenslang eingenommen wird, tauchte der schädliche Stoff auf, weil die Präparate damit verunreinigt waren.
Damit so etwas nicht mehr passiert, gibt es die Adlershofer Chromicent GmbH, ein pharmazeutischer Dienstleister für chromatographische Methodenentwicklung (Chromatographie: physikalisches Trennverfahren für Stoffe) und pharmazeutische Analysen. Die Firma – Umsatz: 1,6 Millionen Euro, Tendenz steigend – sorgt nicht nur für sichere Arzneimittel, sondern hat auch Verfahren entwickelt, mit denen die zuweilen umweltbelastenden konventionellen Methoden durch nachhaltigere ersetzt werden können. Geschäftsführer Alexander Schmidt hat mit seinem Kollegen Mijo Stanic vor acht Jahren die Firma mit einem klaren Ziel gegründet: „Durch die Entwicklung und Etablierung effizienter und robuster Analysemethoden wollen wir einen Beitrag zu einer schnelleren, zuverlässigeren und kosteneffizienteren Arzneimittelentwicklung und Qualitätssicherung leisten“, erklärt Schmidt und betont: „Die Einhaltung und das Weiterdenken von Arbeitsschutz- und Umweltschutzaspekten sind für uns selbstverständlich.“
Beide Geschäftsführer kommen aus der Pharmabranche und wissen, dass die Analyseprozesse dort mitunter nicht sonderlich umwelt- und klimaschutzkonform ablaufen. So gilt die Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) als Goldstandard in der pharmazeutischen Qualitätskontrolle. Nur leider greift sie auf äußerst schädliche Substanzen zurück. Schmidt und sein Team haben mit ihrer SFC-Technologie (Supercritical Fluid Chromatography), die auch als „grüne Chromatographie“ gilt, sozusagen das Gegenmittel entwickelt: „Statt umwelt- und klimaschädlicher Chemikalien setzen wir Kohlendioxid als Lösungsmittel für das Verfahren ein“, erklärt Schmidt. Effekt: Nahezu 99 Prozent aller gefährlichen organischen Lösungsmittel der konventionellen Analysemethode und 100 Prozent aller toxischen Substanzen werden ersetzt.
Überdies werden Kosten gesenkt und Abfälle verringert. „Die Methode ist schnell, absolut sicher und robust, so dass sie problemlos überall auf der Welt verwendet werden kann“, erläutert Schmidt. Eben auch in ärmeren Ländern, die oft von einer guten Medikamentenversorgung abgeschnitten sind. Auch das ist nachhaltig. „Wir sind überzeugt, dass unsere grüne Chromatographie-Technologie eines Tages den Goldstandard HPLC verdrängen wird“, sagt Schmidt, der unter anderem 25 Jahre lang als Leiter der Qualitätskontrolle eines mittelständischen Pharmaunternehmens tätig war.
Er kennt die Prozesse – und eben auch die Stellschrauben, an denen man drehen muss, damit die Pharmabranche umweltfreundlicher wird: Abseits des Tagesgeschäftes beschäftigen sich daher fünf der insgesamt 18 Mitarbeitenden in einer Arbeits gruppe damit, wie das gelingen kann.
Wie 3D-Druck ganz anders als herkömmliche Verfahren abläuft – und damit Fortschritte in der Biotechbranche, Medizin und Optik ermöglicht, zeigt das Start-up Xolo. Die Gründer haben einen Drucker entwickelt, der ein wenig an ein würfelförmiges Aquarium erinnert. Das Besondere und weltweit Einzigartige ist, was sich in seinem Inneren abspielt: In flüssiges Harz wird das Hologramm des Objektes projiziert, das gedruckt werden soll. Mittels Laser wird das Harz entlang der Struktur punktgenau ausgehärtet, so dass aus dem Hologramm ein physisches Produkt wird. Das patentierte Verfahren nennt sich „volumetrischer 3D-Druck“.
„Während bei üblichen additiven Verfahren Objekte schichtweise aufgebaut werden, wird bei unserer Technologie ein komplettes Objekt projiziert und ausgehärtet“, verdeutlicht Dirk Radzinski, einer der Xolo-Gründer. „Das ist etwas fundamental anderes.“ Effekte: Auf diese Weise müssen Objekte nicht nachbearbeitet werden, es können bisher im 3D-Druck nicht realisierte glatte Oberflächen geschaffen werden und schnell geht es auch. Radzinski: „Ein drei Zentimeter großes hoch aufgelöstes Objekt zu drucken, dauert zwei bis drei Minuten.“ Übliche Drucker brauchen hierfür zwischen fünf und zehn Stunden.
Noch wesentlicher als die Geschwindigkeit sind die neuen Möglichkeiten, die das Verfahren eröffnet, gerade im Bereich Biotech. So können für künstliche Organe hochkomplexe, verästelte Strukturen, ähnlich dem Arteriennetzwerk, gedruckt werden, an denen sich Zellen ansiedeln und das Organ wachsen lassen. Oder: Augenlinsen höchster optischer Qualität können für an Makuladegeneration Erkrankte ausgedruckt werden. Oder auch passgenaue Zahnschienen. Denkbar ist vieles. Einzig für sehr große Objekte eignet sich die Adlershofer Innovation nicht: Im Größenbereich von drei Millimetern bis zehn Zentimeter spielt die „Xolographie“ ihre Stärke aus.
Wie es aussieht, bahnt sich eine Revolution im 3D-Druck an, von der besonders der Bioprinting-Markt profitieren kann.
Chris Löwer für Adlershof Journal