HZB schreitet voran auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität bis 2035
Carina Hanke, Klima- und Energiemanagerin beim HZB, berichtet im Interview über Herausforderungen und Ergebnisse des Vorhabens
Das Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2035 treibhausgasneutral zu werden. Um die Hauptverursacher der Emissionen festzustellen, wurde nun eine Treibhausgas-Bilanz erstellt und extern überprüft.
Frau Hanke, wie ist es zur Entscheidung des HZB gekommen, bis 2035 klimaneutral zu werden? Welche Rolle spielt bei diesem Vorhaben der vor kurzem von Ihnen veröffentlichte Treibhausgas-Bericht?
Erstmal möchte ich mit einer kleinen Korrektur anfangen. Das Helmholtz-Zentrum Berlin möchte bis 2035 nicht klimaneutral, sondern treibhausgasneutral werden. Uns ist die Differenzierung sehr wichtig, da der Begriff „klimaneutral“ ziemlich schwammig ist und unterschiedlich gedeutet wird. Der Arbeitskreis Umwelt hat die Empfehlung ausgesprochen, dass das HZB bis 2035 treibhausgasneutral werden soll. Dem hat die Geschäftsführung zugestimmt, weil das HZB im Bereich der erneuerbaren Energien tätig ist, es Verantwortung für seine Emissionen übernimmt und der öffentliche Sektor eine Vorbildfunktion hat.
Um eine Grundlage dafür zu schaffen, wurde entschieden, einen Treibhausgas (THG)-Bericht auf Basis des international anerkannten Standard-Greenhouse Gas Protocol zu erstellen. Ich habe vorgeschlagen, den Bericht auch zertifizieren bzw. verifizieren zu lassen, um die Glaubwürdigkeit und die Qualität zu erhöhen.
Für die Erstellung des THG-Berichtes für das Jahr 2021 haben wir uns die Unterstützung der Berliner Energieagentur geholt. Eine unabhängige Umweltgutachterorganisation für Emissionsberichterstattung, die GUTcert, hat die Verifizierung durchgeführt. Nachdem der Bericht erstellt wurde, gab es vor Ort Begehungen mit Stichproben durch die GUTcert. Als Ergebnis haben wir stellenweise noch weitere Informationen eingeholt und punktuell den Bericht überarbeitet. Der finale Bericht wurde von der GUTcert überprüft und am 16. Oktober bestätigt. Der THG-Bericht hat einen Umfang von knapp 140 Seiten inkl. Anlagen. Der Kurzbericht umfasst 10 Seiten.
Welche Emissionen wurden im Bericht berücksichtigt und was waren die Ergebnisse der Treibhausgas-Bilanz?
Nach dem Greenhouse Gas Protocol werden direkte (zum Beispiel durch den Fuhrpark, direkte Emissionen von Gasen und Kältemitteln), indirekte (zum Beispiel Strom und Wärme) und Emissionen aus der Wertschöpfungskette (die zum Beispiel beim Einkauf von wissenschaftlichen Geräten und betrieblicher Ausstattung, Neubauten oder beim Pendeln der Mitarbeitenden entstehen) erfasst. Auch die Emissionen aus der Vorkette des Ökostroms wurden in diesem Bereich berücksichtigt. Die Angabe von direkten und indirekten Emissionen ist verpflichtend, die von vorgelagerten Emissionen ist freiwillig. Wir haben in unseren Bericht alle bekannten Treibhausgasverursacher einfließen lassen. Nur Kleinigkeiten mit weniger als 1 Prozent Anteil an den Emissionen wurden für die Gesamtbilanz nicht berücksichtigt.
Im Jahr 2021 betrugen die Treibhausgas-Emissionen des HZB 9.895 CO₂-Äquivalente. Die direkten Emissionen betrugen 1 Prozent, die indirekten Emissionen 45 Prozent und die vorgelagerten Emissionen 54 Prozent der Gesamtemissionen. Auf Basis der THG-Bilanz hat sich ergeben, welche Sektoren die Hauptverursacher der Emissionen waren. Der Mammutanteil kommt von der Wärmeversorgung, gefolgt von den Emissionen durch einen Neubau in 2021, den Einkauf von wissenschaftlichen Anlagen, wie zum Beispiel Mikroskopen und Röntgenkameras, den Bezug von Strom für einige Gebäude am Standort Adlershof und den Einkauf von betrieblicher Ausstattung.
Wie plant das HZB auf Basis der Bilanz zu handeln?
Durch diese Bilanz haben sich für das HZB Handlungsschwerpunkte ergeben, die im Wesentlichen auf der Optimierung des Energieverbrauches durch verschiedene Maßnahmen basieren. Ein weiterer Schwerpunkt wird die klimaschonende Beschaffung sein sowie die Stärkung von Materialkreisläufen und die Erhöhung des Wiederverwendungsgrads von Anlagen und Geräten. In Bezug auf den Bau werden Wärmerückgewinnung, Photovoltaikanlagen, klimaneutrale Neubauten und die energetische Sanierung eine große Rolle spielen.
In Bezug auf die Forschung ist es einerseits wichtig, dass das HZB im Bereich der erneuerbaren Energien weiterhin erfolgreich forscht, andererseits müssen die Betriebszeiten von Forschungsanlagen optimiert werden. Ganz wichtig ist es, die Mitarbeitenden mitzunehmen, so dass allen das Ziel des HZB, bis 2035 treibhausgasneutral zu werden, bewusst ist. Idealerweise wird bei jedem Prozess, jeder Aktivität und jedem Einkauf bedacht, ob und inwiefern eine Leistung notwendig ist und wie sie sich auf die Treibhausgasemissionen auswirkt. Wir planen alle drei Jahre einen Treibhausgas-Bericht zu erstellen. Der nächste Bericht mit einem Bilanzraum für das Jahr 2024 wird voraussichtlich im Frühjahr 2026 fertiggestellt.
Mit welchen Herausforderungen waren Sie bei der Erstellung der Bilanz konfrontiert?
Es war nicht einfach, an die Daten zu kommen. Ich habe mit circa 35 Leuten am HZB Kontakt bezüglich der Datenerhebung gehabt, etwa die Finanzbuchhaltung, Kolleg:innen, die die Kantine und Warensendungen betreuen oder Einkäufe tätigen. Dabei hatten sie selbst nicht immer diese Daten parat und mussten danach recherchieren. Bei der Verifizierung der Bilanz ist uns bewusst geworden, wie wichtig die Qualität der Primärdaten ist. Idealerweise sollten sie so wenig wie möglich händisch erfasst worden sein, sondern aus Datenerfassungssystemen stammen. In den kommenden Wochen plane ich für die Kolleg:innen eine Infoveranstaltung, um zu zeigen, was mit ihren Daten passiert ist. Das Ziel ist dabei gemeinsam zu schauen, wo man optimieren kann, einerseits in Bezug auf Primärdaten und andererseits in Bezug auf die Emissionen in einzelnen Bereichen.
Wo steht das HZB auf dem Weg zum Ziel, bis 2035 treibhausgasneutral zu werden? Welche Maßnahmen wurden bereits ergriffen?
Mit dem 1. Januar 2020 wurden beide Standorte des HZB auf Ökostrom umgestellt. Nur in Adlershof haben wir Anmietungen, wo der konventionelle Strom über den Vermieter bezogen wird. Die Hauptentnahmestelle BESSY II mit einem jährlichen Stromverbrauch von 30 GWh wird mit Ökostrom versorgt.
Zum 1. Januar 2022 wurde die Wärmeversorgung am Standort Wannsee auf Biomethan umgestellt. Durch diese Umstellung wird sich unsere Bilanz voraussichtlich um 3.600 CO₂-Äquivalente verbessern. Davor nutzten wir dort Erdgas und Deponiegas fürs Heizen. Das alte Blockheizkraftwerk wird ausgebaut. Eingebaut werden eine Power-to-Heat Anlage und ein Systemmischer, die über eine PV-Anlage auf dem Dach mitversorgt werden.
Die Ladeinfrastruktur für Elektroautos wurde an beiden Standorten ausgebaut. Wir haben seit einigen Jahren ein Jobticket für die Mitarbeitenden. Das HZB lässt sich als fahrradfreundlicher Arbeitgeber zertifizieren und schafft die entsprechenden Voraussetzungen.
Außerdem setzen wir auch auf die Kreativität und das Wissen unserer Mitarbeitenden, um weitere Maßnahmen zu entwickeln.
Quelle: Helmholtz-Zentrum Berlin vom 19.12.2023