Treibhausgasneutral forschen
Das HZB will als Vorbild in eine saubere Zukunft gehen
„Wenn sich eine Forschungseinrichtung intensiv mit regenerativen Energien beschäftigt, muss sie auch bei den eigenen Klimaschutzbemühungen eine Vorbildfunktion einnehmen“, sagt Carina Hanke. „Deshalb hat sich das HZB verpflichtet, treibhausgasneutral zu werden.“ Für die Klima- und Energiemanagerin war das bereits eine Herzensangelegenheit, als sie vor einigen Jahren ans Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB) kam. Schnell rief sie ein HZB-Umweltteam ins Leben, ein Sprachrohr der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für die Themen Nachhaltigkeit, Umwelt und Energie. Gemeinsam mit dem Arbeitskreis Umwelt entwickelte sie eine verwegene Idee: Das HZB soll bis 2035 treibhausgasneutral werden. Bei der Geschäftsleitung rannte sie damit offene Türen ein. „Nachdem wir unsere Empfehlung ausgesprochen hatten, wurde das Ziel auch im Strategiepapier des HZB verankert“, sagt sie.
Doch damit stand das Team vor der ersten Hürde. Es gab keinen Status quo. Niemand wusste im Detail, was die großen Emissionsquellen am HZB waren. War es der Strom, von dem allein der Elektronenspeicherring BESSY II mit rund 30 Gigawattstunden im Jahr so viel wie 10.000 Haushalte verbraucht? Oder waren es Wärme und Kälte, die in den Büros und Laboren für optimales Arbeitsklima sorgen? Wie tragen eigentlich die Arbeitswege und Dienstreisen zu den Treibhausgasemissionen bei? „Unser erster Schritt war, eine Treibhausgasbilanz des HZB zu erstellen“, sagt Hanke. „Dafür haben wir uns für das Greenhouse Gas Protocol als Grundlage entschieden. Das ist mittlerweile der international anerkannte Standard in diesem Bereich.“
Dieses Protokoll gibt genau vor, wie der Ausstoß klimarelevanter Gase zu berechnen ist. Dafür legt es drei Emissionsbereiche fest. Direkte Emissionen entstehen vor Ort. Zum Beispiel durch den eigenen Fuhrpark. Indirekte Emissionen entstehen anderswo für Dinge, die selbst verbraucht werden, wie Strom aus dem Netz. Und es gibt die vor- und nachgelagerten Emissionen aus der Wertschöpfungskette. Die entstehen zum Beispiel durch den Einkauf von Waren, durch Abfälle und Geschäftsreisen. Direkte und indirekte Emissionen müssen nach dem Greenhouse Gas Protocol erfasst werden.
Die vor- und nachgelagerten sind hingegen freiwillig. „Dem HZB und mir war es ein großes Anliegen, einen ehrlichen Ansatz zu wählen. Deshalb haben wir alle drei Bereiche erfasst“, sagt die Managerin. „Auch der Ökostrom, der mit 0 Emissionen angesetzt wird, wurde im dritten Bereich zusätzlich berücksichtigt. Denn auch Ökostrom muss irgendwie erzeugt, transportiert und verteilt werden.“
Als die Bilanz im Jahr 2023 stand und von unabhängiger Stelle verifiziert war, hatte das HZB einen Status quo. „Wir konnten fünf Hauptverursacher unserer Treibhausgasemissionen ermitteln“, sagt Hanke. „Die Wärmeversorgung, die Stromversorgung, das Pendeln der Mitarbeitenden, den Einkauf von Ausrüstung und unsere Neubauprojekte.“ Jetzt waren die Hebel offensichtlich, mit denen sich das große Ziel erreichen lässt. Carina Hanke hat diese seither in Bewegung gesetzt. So läuft die Wärmeversorgung nicht mehr mit Erdgas, sondern mit Biomethan. Der Strom kommt aus skandinavischer Wasserkraft. Die wenigen kleinen Flächen, die noch konventionellen Strommix erhalten, stehen bereits auf ihrer Liste. Und die Mobilität? „Auch beim Pendeln haben wir angesetzt“, erzählt sie. „Es werden Lademöglichkeiten für E-Fahrzeuge angeboten und seit Anfang des Jahres sind wir als fahrradfreundlicher Arbeitgeber zertifiziert.“ Schon wesentlich länger bietet das HZB ein Jobticket mit Arbeitgeberzuschuss an. „Inzwischen nutzen es rund 500 unserer 1.200 Mitarbeitenden. Das ist eine sehr gute Quote. Die Nachfrage wächst weiterhin.“
Die Neubauprojekte, von denen es vor allem in Adlershof einige gibt, setzen ebenfalls auf Nachhaltigkeit. Zum Beispiel mit Photovoltaikanlagen und Wärmerückgewinnung. Doch selbst mit der größten Anstrengung lassen sich nicht alle Emissionen reduzieren. Deshalb setzt das HZB als letzte Möglichkeit auch auf Ausgleich, zahlt also einen Beitrag an zertifizierte Kompensationsprogramme. „Das Ganze ist ein laufender Prozess, bei dem wir schon jetzt unglaublich viel gelernt haben“, sagt Hanke. „Wir freuen uns, diese Erfahrungen mit der Gesellschaft teilen zu können.“
Kai Dürfeld für Adlershof Journal