„Ich habe mir mit dem Studio einen Traum erfüllt“
In der Adlershofer Wissenschaftsstadt entsteht eines der größten XR- (Extended Reality-) Studios Europas
Oberbeleuchter Mike Zimmermann ist mit der Lichthaus Berlin GmbH Pionier der umweltfreundlichen Filmproduktion. Das neue Studio in Adlershof produziert zu 100 Prozent nachhaltig.
Green Film Shooting ist im Trend. Nicht nur öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten erarbeiten Leitfäden für nachhaltige Filmproduktionen, auch die Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf veröffentlichte einen „Green Guide“ und Festivals wie die Internationalen Filmfestspiele von Cannes und die Berlinale optimieren ihre CO2-Bilanz. Auch in der Wirtschaft tut sich einiges. Obwohl grüne Shootings durch den Kauf von neuem Equipment und höheren Reisekosten teurer sind, ist die Energiewende spürbar.
Mike Zimmermann, Geschäftsführer der Lichthaus-Gruppe, die auf Filmtechnik spezialisiert ist, stellt seit zehn Jahren vieles auf grün um. Erst kaufte er für sein bis zu 70-köpfiges Team digitale Kameras, dann begann das Team, die Lampen gegen LED-Leuchten auszutauschen, und stattete die Dieselgeneratoren mit Filtern aus. „95 Prozent unserer Flotte ist komplett gefiltert. Das ist keine Branchenvorschrift, wir finden es einfach richtig,“ erklärt Zimmermann.
Die LHB Lichthaus Berlin GmbH hat sich auf einer Fläche von 7.500 m², bestehend aus einer Lichthalle, einem Atelier und einem Produktionshaus mit gläserner Etage, niedergelassen. Die eine Dachfläche wird, so schreibt es die Stadt vor, begrünt und sorgt für besseren Lärmschutz und Wärmedämmung, die andere ist mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet. Der Strom, den die 1.100 m2 große Solaranlage produziert, versorgt tagsüber das gesamte Haus. In der Nacht greift das Team auf Ökostrom zu, geheizt wird mit Fernwärme. „Damit produzieren wir vor Ort komplett nachhaltig.“ Wer ein Elektroauto besitzt, kann es zudem an einer Elektrostation mit vier Doppelsäulen aufladen.
Für Zimmermann, selbst Vater, ist ein „grüner Bau“ Ehrensache. „Mir war wichtig, dass wir den Neubau möglichst nachhaltig gestalten. Wir reichen in den nächsten Jahren den Staffelstab an unsere Kinder weiter und sollten darauf achten, umweltfreundlicher zu leben.“ Umgesetzt heißt das: weniger Plastik, weniger Flugreisen, weniger Transporte für Autos oder Busse und wiederverwertbare Materialien für Studiokulissen. Eine Außenkulisse zu nutzen oder alles im Studio zu produzieren, sind Alternativen“, schlägt der Fachmann vor. „Früher ist man mit einem Tross nach Afrika gereist, heute wird vieles digital gemacht.“
Im August soll hier eines der größten XR-Studios Europas entstehen. XR steht für Extended Reality, es geht um technische Möglichkeiten zur Verknüpfung von physischer und digitaler Welt. Auf mehr als 800 m² Fläche stehen LED-Module mit 360-Grad-Videowalls. Das Berliner Studio hat einen Durchmesser von 24 Metern, eine Höhe von 7,5 Metern und eine Gesamtfläche von 4.000 m². Die Decke ist zu zwei Drittel mit Panels geschlossen.
Digitale Produktionen haben, so Zimmermann, nur Vorteile: „Man kann der Kreativität freien Lauf lassen. Der Regisseur sieht durch die virtuellen Filmkulissen sofort, ob das Bildergebnis gut ist. Der Aufwand in der Postproduktion ist geringer und der Produzent hat weniger Risiko.“ Gerade lassen Mike und sein Team einen acht Mal vier Meter großen Swimmingpool für den Dreh der Serie „You“ bauen.
Historisch gesehen ist es nicht das erste Mal, dass ein riesiges Wasserbecken an dieser Stelle steht. Die Lichthaus-Gruppe hat sich in unmittelbarer Nähe zu den ehemaligen Johannisthaler Filmanstalten (Jofa), Berlins Traumfabrik des Ostens, angesiedelt. Dort verfilmte Herbert Selpin einst den Untergang der „Titanic“ (1943) und auch F. W. Murnaus „Nosferatu“ (1922) entstand dort.
Für den 52-Jährigen erfüllt sich ein Herzenswunsch. Er wuchs in Johannisthal auf, seine Mutter war für den Einkauf des Equipments der DEFA-Synchron zuständig, die auf dem Gelände der Jofa angesiedelt war. Schon mit acht Jahren stromerte Zimmermann auf dem Gelände herum, warf einen Blick in die Ateliers und aß mit den Schauspielenden zu Mittag. Später machte er eine Ausbildung zum Starkstromtechniker bei der Berliner S-Bahn und bewarb sich auf Anraten seiner Mutter für einen Job als Beleuchter bei der Jofa.
Dass er jetzt wieder zu seinen Wurzeln zurückkehren kann, ist für Zimmermann das Größte: „Mit dieser ganzen starken Historie im Hinterkopf hat es mich angetrieben, hierherzuziehen. Ich habe mir mit dem Studio einen Traum erfüllt und es ist schön, dass so viele an meinen Traum geglaubt haben.“
Von Susanne Gietl für Adlershof Journal