IKZ liefert isotopenreines Silizium und Germanium für Quantentechnologien
Institut für Kristallzüchtung verstärkt seine Kooperation mit Dr. Eberl MBE-Komponenten GmbH durch Liefervereinbarungen für hochreine Halbleitermaterialien
Quantentechnologien werden die Welt verändern. Denn sie werden die Rechenkapazitäten von Computern, die Leistungsfähigkeit von Simulation und die Präzision von Sensorik und Optik auf ein ganz neues Level heben. Grundlage dafür sind Materialien, die die gewünschten Quanteneffekte zuverlässig erlauben. „Die heutige Mikroelektronik basiert auf Silizium, einer sehr leistungsstarken Materialplattform, in die man deshalb auch die Quantentechnologien integrieren möchte“, sagt Prof. Thomas Schröder, Direktor des IKZ.
Ein Ansatz dafür ist Siliziumgermanium (SiGe). Es wird bereits seit den 1990er-Jahren in der Hochfrequenztechnik und seit gut fünfzehn Jahren vermehrt in der Silizium-Photonik eingesetzt. Für den Einsatz bei Quantentechnologien reicht die Qualität des bisher verwendeten Materials jedoch nicht aus. Denn es enthält verschiedene Isotope, die sich in ihrer Masse etwas unterscheiden und somit teilweise über nicht-kompensierte Kernspins verfügen. Nur isotopenreine Si- und Ge-Kristalle aus Silizium-28 und Germanium-72 sind dafür hochwertig genug.
Das IKZ, was die Züchtung der hochreinen Kristalle beherrscht, hat nun mit der Dr. Eberl MBE-Komponenten GmbH einen Liefervertrag über diese zukunftsträchtigen Halbleitermaterialien geschlossen. „Mit dem Vertrag, der eine strenge Exportkontrolle beinhaltet, werden wir erneut unserem Auftrag gerecht, nicht nur an neuen, innovativen Materialien zu forschen und sie zu entwickeln, sondern sie auch in ausreichender Menge herzustellen, um sie anderen Forschenden zur Verfügung zu stellen“, betont Thomas Schröder.
Da das IKZ über kein Netzwerk verfügt, um seine Produkte weltweit anzubieten, übernimmt die Dr. Eberl MBE-Komponenten GmbH diesen Part. Isotopenreine Silizium- und Germanium-Kristalle sind um den Faktor 1000 teurer als die „normalen“ Elemente. Das Unternehmen verfügt zudem über weltweit führende Anlagentechnologien, dieses Material sehr definiert auf Chips aufzudampfen und so kostspielige Materialverluste zu vermeiden.
Für das Quantencomputing müssen die Elektronen in Halbleitern einen bestimmten Zustand erreichen können: jeweils zwei Elektronen müssen quantenmechanisch miteinander verschränkt sein. Das funktioniert aber nur, wenn sie nach den Gesetzen der Quantenmechanik nicht den gleichen Spin besitzen. Damit der verschränkte Zustand ausreichend lange erhalten bleibt, darf es keine Störungen im Halbleiter geben, etwa durch Isotope mit einem Kernspin. Deshalb kommen dafür nur Atome mit gradzahliger Nukleonenzahl in Frage – wie Silizium-28 und Germanium-72.
Um isotopenreines Silizium-28 herzustellen, werden Atome des Elements, das in seiner natürlichen Forme zu rund 92,2% aus Silizium-28, zu 4,68% Silizium-29 und zu 3,1% Silizium-30 besteht, in riesigen Anlagen zentrifugiert und nach ihrer Atommasse getrennt aufgefangen. So wird auch natürliches Germanium „sortiert“. Aus dem hochreinen Material werden dann am IKZ Si- und Ge-Kristalle gezüchtet, die anschließend aufgereinigt und von Verunreinigungen, etwa durch Prozessgase, befreit werden. „Wir beherrschen diese Kunst, weil wir lange daran geforscht haben, nämlich gemeinsam mit der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB) zur weltweiten Neudefinition des Kilogramms. Sie basiert dabei auf der von uns mit der PTB verfolgten, exakt ein Kilogramm schweren, perfekt polierten isotopenreinen Silizium-28-Kugel. Somit kann sie im Pariser Louvre den Platin-Iridium-Block als Referenz-Normal für das Kilogramm sehr publikumswirksam ersetzen“, erklärt Schröder lachend.
„Unser Unternehmen kann auf Basis der isotopenreinen Si- und Ge-Materialien einen umfangreichen Service für unsere Kunden im Bereich der Quantentechnologien weltweit anbieten“, betont Eberl. Die Dr. Eberl MBE-komponenten GmbH, ein mittelständisches Unternehmen mit Sitz in Weil der Stadt bei Stuttgart, ist spezialisiert auf Entwicklung und Produktion von Ultrahochvakuumanlagen (Molekularstrahlepitaxie-Anlagen) für die epitaktische Materialsynthese. Damit lassen sich unter anderem Halbleiter für Nano- und Optoelektronik, dünne Solarzellen, Quantenmaterialien, Oxidfilme oder Nanostrukturen, wie beispielsweise aus Graphen, herstellen. Mit dem 1990 gegründeten Unternehmen verbindet das IKZ bereits eine langjährige Forschungskooperation, bei der derartige Anlagen gemeinsam entwickelt, spezifiziert und patentiert werden.
Weitere Informationen:
Kontakt:
Leibniz-Institut für Kristallzüchtung
Dr. Maike Schröder
Tel. +49 30 6392-3008
E-Mail maike.schroeder(at)ikz-berlin.de
MBE-Komponenten GmbH
Dr. Karl Eberl
E-Mail eberl(at)mbe-komponenten.de
Pressemitteilung IKZ vom 13.09.2023