Neue Epitaxie-Anlage zum Wachstum von kernspinfreien Quantenmaterialien am IKZ
Die Anlage wurde erstmalig in Betrieb genommen, um die Grenzen der Materialeigenschaften für Quantentechnologien auszureizen
Silizium (Si) und Germanium (Ge) sind die Arbeitspferde der modernen Halbleitertechnologie, welche im Laufe jahrzehntelanger wissenschaftlicher und technologischer Entwicklung fortgeschrittene Bauteilherstellungsprozesse für extrem reine Materialien hervorgebracht hat. Dieses enorme Know‑how, zusammen mit der Möglichkeit isotopenangereichertes Si und Ge, völlig frei von Isotopen mit Kernspins, herzustellen, machen diese auch für Anwendungen in der Quantentechnologie äußerst interessant [1,2].
Kernspins in Si und Ge stören Quantenzustände, und ihre Abwesenheit versprechen nützliche Quantentechnologien in unmittelbarer Reichweite. Das IKZ forscht seit Jahrzehnten an der Verarbeitung, Reinigung und Züchtung solcher kernspinfreier Si- und Ge-Volumenkristallen und hat sich zu einem weltweit führenden Kompetenzzentrum auf diesem Gebiet entwickelt. Diese einzigartigen Materialien werden nun als Quellenmaterial in einer kürzlich in Betrieb genommenen Molekularstrahlepitaxie (MBE)-Anlage für die Entwicklung neuartiger Quantenmaterialien verwendet. Hier werden das angereicherte Si und Ge unter Ultrahochvakuumbedingungen mit weniger als einem Billionstel einer Atmosphäre (10-11 mbar) verdampft, um dünne Schichten auf Si-Wafern zu züchten.
Das Alleinstellungsmerkmal dieser Anlage ist die Verwendung von ausschließlich isotopenangereichertem Si und Ge, wodurch die Präsenz von natürlichen Isotopen vermieden wird und sie damit die weltweit erste und einzige kernspinfreie MBE-Anlage darstellt. Die Maschine umfasst eine Gesamtinvestition von 1,2 Millionen Euro und eine Planungs- und Bauzeit von über drei Jahren. Mit der Inbetriebnahme dieser Maschine und der Gründung einer neuen Nachwuchsforschungsgruppe „SiGe-basierte Quantenmaterialien und Heterostrukturen“ positioniert sich das IKZ strategisch für die langfristige Entwicklung und das Benchmarking einer neuen Generation von Materialien, um den Anforderungen neuartiger Quantenanwendungen gerecht zu werden. Das IKZ wird seine Expertise zu isotopenangereicherten SiGe-Quantenheterostrukturen für die Zusammenarbeit in gemeinsamen F&E-Projekten mit interessierten Partnern anbieten; des Weiteren wird es auch möglich sein, solche Materialsysteme durch das IKZ Service & Transfer auf Basis von Vollkostenrechnung käuflich zu erwerben.
[1] Liu, Yujia, et al. "Role of critical thickness in SiGe/Si/SiGe heterostructure design for qubits." Journal of Applied Physics 132.8 (2022): 085302.
DOI:10.1063/5.0101753
[2] Gradwohl, Kevin-P., et al. "Strain relaxation of Si/SiGe heterostrucutres by a geometric Monte Carlo approach." physica status solidi, Rapid Research Letters (2023): 2200398.
DOI:10.1002/pssr.202200398
Kontakt:
Dr. Kevin-Peter Gradwohl
Nachwuchsforschungsgruppe "SiGe-basierte Quantenmaterialien und Heterostrukturen"
Leibniz-Institut für Kristallzüchtung im Forschungsverbund Berlin e.V.
Tel. +49 30 6392 3021
E-Mail kevin-peter.gradwohl(at)ikz-berlin.de
Pressemitteilung IKZ vom 6. April 2023