Künstliche Kicker auf dem Weg zum Fußballweltmeister
Kommt der neue Fußball-Weltmeister aus Adlershof? Zwar kann er nicht so schnell rennen wie Thomas Müller. Auch an Kopfball ist bei ihm nicht zu denken. Aber er ist in Topform, kennt weder Muskelkater noch Ermüdungserscheinungen. Vor allem ist er kein bisschen aufgeregt vor seinem inzwischen dritten Weltcup. Die Chancen stehen gut für einen Nao, der auf Sieg programmiert ist.
Für ihn gibt es nur ein Ziel: Das orange Runde soll er ins Eckige schießen. Mit angewinkelten Beinen steht er beim Anpfiff wie ein Skifahrer bereit. Gründlich sucht er das viermal sechs Meter große Spielfeld ab, seine Augen leuchten dabei in unterschiedlichen Farben. Hat er den Ball entdeckt, signalisiert er seinem Mitspieler: „Mein Ball.“ Schon läuft er los, will unbedingt vor dem Gegner am begehrten Objekt sein, holt kräftig mit dem rechten Bein aus – was ihn bedenklich aus dem Gleichgewicht bringt – und Schuss. Der Ball rollt am Tor vorbei. Doch keine Spur von Enttäuschung, schon hat er aufs Neue den Ball fixiert und diesmal trifft er. Aber jubeln kann er dennoch nicht.
Bunt leuchtende Augen und Ohren
Nao ist ein knubbeliger Fußballroboter, fast 60 Zentimeter groß und knapp viereinhalb Kilo schwer. Ein humanoider Fußballheld, der auf zwei Beinen noch ein wenig unbeholfen über den Platz stürmt, um einen Hockeyball im Tor zu versenken. Eine kleine Festplatte sitzt versteckt in seinem Kopf, ein Akku im Rücken. Mit seinem Teamspieler und dem Torwart kommuniziert er per W-Lan. Er gehört zum Nao-Team Humboldt und wird momentan für die Mitte Juni stattfindende Roboter-Fußball-Weltmeisterschaft (RoboCup) in Singapur trainiert. Sein Trainer- und Entwicklerteam ist am Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz der Humboldt-Universität angesiedelt und besteht zum größten Teil aus Studenten. Teamchef ist Heinrich Mellmann, der in Adlershof Mathematik und Informatik studiert. Weltmeister-Erfahrung sammelte Mellmann bereits, als das Humboldt-Team zuvor mit den sogenannten Aibos von Sony – den niedlichen Roboterhunden – dreimal RoboCup- Sieger wurde.
Namenlos, nur mit einer Nummer auf dem Kopf, unterscheiden sich die Nao-Spieler, alle hergestellt von der französischen Firma Aldebaran Robotics, äußerlich nicht voneinander. Ausgestattet mit zwei Kameras, einem 500 Megahertz-Computer und 256 Megabyte Arbeitsspeicher, entscheidet daher nicht die Ablösesumme von 12.500 Euro pro Spieler, sondern die beste Programmierleistung, welches Team als Sieger vom Platz geht. Mehrere zehntausend Programmanweisungen und jahrelange Tüftelei stecken dahinter.
Noch etwas wackelig auf den Beinen
Am schwersten für den maschinellen Profikicker ist das Laufen lernen. Während die Aibos mit 50 Zentimetern pro Sekunde über das Spielfeld geflitzt sind, schaffen die zwar gelenkigeren, aber dadurch auch instabileren, künstlichen Zweibeiner erst ein gutes Fünftel davon. „An der Spieldynamik müssen wir noch arbeiten“ sagt Mellmann, der beim diesjährigen RoboCup mit seinem Team den Titel holen will. Bis jedoch 2050 die Roboter-Fußballer die menschlichen amtierenden Weltmeister besiegen können, steht noch viel Arbeit vor den Wissenschaftlern.
von Sylvia Nitschke
Link: www.naoteamhumboldt.de