Schnellster Film der Welt aufgenommen
Wissenschaftler entwickeln eine Methode, um Nanostrukturen zu filmen
Wenn wir erkältet sind, wehrt sich das Immunsystem. Das ist in der Biologie bekannt, aber schwer direkt zu beobachten. Denn Vorgänge auf molekularer Ebene sind nicht nur winzig, sondern vor allem extrem schnell und deswegen schwierig abzubilden. Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB) und der Technischen Universität Berlin (TUB) stellen nun in der Zeitschrift Nature Photonics eine Methode vor, die ein wichtiger Schritt zum „molekularen Film“ ist. Die Berliner Forscher können Bilder in einem so kurzen Zeitabstand aufnehmen, dass man Moleküle und Nanostrukturen zukünftig in Echtzeit beobachten kann.
Ein „molekularer Film“, der zeigt, wie sich ein Molekül im wichtigsten Moment einer chemischen Reaktion verhält, würde helfen fundamentale Vorgänge der Naturwissenschaften besser zu verstehen. Solche Prozesse sind oft nur einige Femtosekunden lang. Eine Femtosekunde ist ein Millionstel einer Milliardstel Sekunde. In diesem Zeitfenster kann man mit einem ultra-kurzen Lichtblitz zwar ein Bild aufnehmen – aber nicht mehrere. Die Bilder würden sich auf dem Detektor, der das Bild wiedergibt, überlagern und „verwaschen“. Den Detektor alternativ zwischen zwei Bildern auszuwechseln, würde selbst mit Lichtgeschwindigkeit zu lange dauern.
Trotzdem ist es der gemeinsamen Forschergruppe „Funktionale Nanomaterialien“ des HZB und der Technischen Universität Berlin gelungen, mit Röntgenlicht der Synchrotronquelle BESSY II solche ultraschnellen Bildsequenzen von Mikrometer kleinen Objekten aufzunehmen. Gemeinsam mit Kollegen der Universität Münster publizieren sie dies in der Zeitschrift Nature Photonics (DOI: 10.1038/NPHOTON.2010.287).
Die Forscher hatten eine raffinierte Idee, wie sie die überlagerten Bilder entschlüsseln können: Als Detektor dient ein Röntgen-Hologramm. Es erlaubt, zwei Abbildungen gleichzeitig aufzunehmen. Für die finale Bildsequenz sind mehrere Schritte nötig: Zunächst zerteilen die Wissenschaftler einzelne Strahlenbündel eines Röntgenlaserstrahls in zwei separate Lichtblitze. Einem Lichtblitz zwingen sie einen kleinen Umweg auf, wodurch beide minimal zeitversetzt auf das abzubildende Objekt treffen. Es entstehen zwei Hologramme. Aus diesen kann man beide Bilder mit Hilfe einer mathematischen Funktion rekonstruieren. Dabei ist die Position der rekonstruierten Bilder zum abgebildeten Objekt verschieden und hängt davon ab, von welchem Lichtblitz sie erzeugt wurden. Die Forscher ordnen die Bilder einfach den jeweiligen Lichtblitzen zu und erhalten so die zeitlich richtige Abfolge der Bildsequenz.
Mit ihrer Methode nahmen die Berliner Wissenschaftler zwei Bilder eines Brandenburger Tor-Modells im Mikroformat mit nur 50 Femtosekunden Abstand auf. „In diesem kurzen Zeitintervall kommt selbst ein Lichtstrahl nur um die Breite eines Haares voran“, sagt Christian Günther, der als Doktorand das Projekt vorangetrieben hat. Dabei erlaubt die kurzwellige Röntgenstrahlung die Abbildung kleinster Strukturen. Denn je kürzer die Wellenlänge des Lichts ist, desto kleinere Objekte können abgebildet werden.
„Das langfristige Ziel ist, die Bewegung von Molekülen und Nanostrukturen in Echtzeit verfolgen zu können“, sagt Projektleiter Prof. Dr. Stefan Eisebitt. Die extrem hohe Zeitauflösung gepaart mit der Möglichkeit, kleinste Objekte zu sehen, war die Motivation für die Entwicklung des Verfahrens. Denn ein Bild sagt zwar mehr als tausend Worte, ein Film aber ist aus mehreren Bildern zusammen gesetzt und kann zusätzlich etwas über die Dynamik eines Objektes aussagen.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Stefan Eisebitt
Gemeinsame Forschergruppe TU Berlin / HZB „Funktionale Nanomaterialien“
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Pressestelle:
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