Science und Society
Wie Forschung und Innovationen unsere Zukunft sichern
Ohne Forschung und Innovationen würde die Gesellschaft stagnieren. Das Gegenteil beweisen Adlershofer Institute und Firmen jeden Tag aufs Neue. Wir beleuchten, wie sie unsere Zukunft sichern und warum an mehr Vernetzung und Kommunikation kein Weg vorbeiführt.
„Die steigenden Hautkrebserkrankungen sind alarmierend, während gleichzeitig die Anzahl von Mediziner:innen und die Versorgungsqualität sinken“, sagt Thomas Diepold, Geschäftsführer der Magnosco GmbH. Die Adlershofer Firma arbeitet daran, den unheilvollen Trend zu bremsen. Ihr Schlüssel dazu: Digitalisierung. „Dank intelligenter Softwareunterstützung können wir helfen, die Diagnostik zu optimieren und Wissen in die Fläche zu tragen – Stichwort Landflucht und demografischer Wandel“, erklärt Diepold und spricht von einer „bahnbrechenden Lösung“.
Er meint damit ein System, das aus einem smarten Dermatoskop besteht, das präzise Aufnahmen von Gewebeschädigungen ermöglicht und in seiner Handhabung der gewohnten analogen Lichtlupe der Fachleute entspricht. Das besondere und gelungene Design des Instrumentes wurde kürzlich mit dem Red Dot Award „Best of the Best“ honoriert. Außerdem arbeitet Magnosco an einer KI-basierten Auswertungssoftware zur nichtinvasiven Detektion von Hauttumoren und entzündlichen Hauterkrankungen.
Eines der vielen Beispiele, wie Forschende und Firmen auf dem Campus der Gesellschaft dienen, ihr Gutes tun, sie voranbringen. „Hautkrebs gehört zu einer der häufigsten Krebsarten in Deutschland und die Folgen für die Menschen und das Gesundheitssystem sind nicht zu unterschätzen“, betont Diepold. Der Früherkennung kommt – insbesondere beim schwarzen Hautkrebs – eine Schlüsselfunktion zu. „Daher ist es unser Antrieb, so vielen Menschen wie möglich zu helfen und Produkte zu entwickeln, die einen Mehrwert liefern“, sagt Diepold. Eine sehr gute Versorgung, nicht nur in den Ballungsgebieten, spielt dabei eine große Rolle. So können auch Mediziner:innen auf dem Land frühe und sichere Diagnosen stellen.
„Ethische Werte und Grundsätze sollten die Leitplanken jedes Handelns und Tuns in der Gesellschaft und somit auch in der Entwicklung sein“, ist Diepolds Credo. „Gleichzeitig muss Forschung weitestgehend unabhängig arbeiten können.“ Kreativität und Agilität seien wichtiger Antrieb für erfolgreiche Innovationen. „Wir definieren bei Magnosco unsere Ziele mit dem Team und auch aus unternehmerischer Sicht, lassen aber Freiraum, diese Ziele zu erreichen“, berichtet Diepold. „Die Dynamik und Kreativität, die sich daraus entwickeln, machen oftmals den Unterschied aus zwischen dem Scheitern oder dem Finden einzigartiger und innovativer Lösungen.“
Das und kooperatives Out-of-the-Box-Denken sind die Treiber gesellschaftlich relevanter Entwicklungen. „Die großen Herausforderungen der Zukunft sind ohne die interdisziplinäre Vernetzung Forschender sowie die Einbindung von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft nicht zu bewältigen“, sagt Anja Sommerfeld.
Sie ist Geschäftsstellenleiterin von Berlin Research 50 (BR50) und definiert damit, worauf der Verbund, dem fast alle außeruniversitären Institute und Zentren im Berliner Raum angehören, zielt. „Wir wollen die Abstimmung zwischen außeruniversitären Forschungseinrichtungen erleichtern und eine zentrale Anlaufstelle für die Zusammenarbeit mit den Berliner Universitäten und den Austausch mit Gesellschaft und Politik bieten“, erklärt Sommerfeld. Darüber hinaus soll BR50 eine Dialogplattform für die beteiligten Institutionen bieten sowie für den Austausch von Wissenschaft und Gesellschaft.
Wie eine Vernetzung noch besser gelingt, wird ein Eckpunktepapier zum Forschungsraum Berlin zeigen, das gerade erarbeitet und Ende des Jahres erscheinen wird. „Darin wird es auch darum gehen, wie sich Forschungsergebnisse besser in die Gesellschaft tragen lassen“, berichtet Sommerfeld. Denn kommunikativ ist Luft nach oben. Zu oft würde die eigene Community, also ohnehin an Wissenschaft und Technik Interessierte, adressiert und nicht weite Teile der Gesellschaft angesprochen. Das müsse sich ändern, meint Sommerfeld. Ein Weg könnten mehr Citizen-Science-Formate sein, mit denen Bürgerinnen und Bürger direkt in die Forschung einbezogen werden. Besonders geeignet dafür seien unter anderem, so Sommerfeld, Mobilitäts- oder Urbanitätsprojekte, denn hier seien Betroffene lebensnah involviert.„Auch das schafft mehr Akzeptanz für Wissenschaft und Forschung“, sagt Sommerfeld. Die leide mitunter. Es werden Forschungsergebnisse angezweifelt oder auf unliebsame Ergebnisse gar mit Drohungen und Einschüchterungsversuchen reagiert. „Die grundgesetzlich garantierte Forschungsfreiheit ist ein hohes Gut“, unterstreicht Sommerfeld. Die gelte es zu schützen.
Um die Position der europäischen Halbleiter- und Elektronikindustrie im globalen Wettbewerb zu stärken, haben sich elf Institute des Fraunhofer-Verbunds Mikroelektronik mit dem Ferdinand-Braun-Institut (FBH) und dem Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik (IHP) zusammengetan. In der standortübergreifenden Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) bündeln sie ihre Ressourcen und ihre Fähigkeiten in diesem Bereich. „Wir tragen damit zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes bei“, betont Wolfgang Heinrich, Abteilungsleiter am FBH und Professor an der Technischen Universität Berlin (TU). Das vor allem, weil hier Technologien für die künftige ultraschnelle drahtlose Kommunikation mitentwickelt werden. Konkret: energieeffiziente Hochleistungs-Mikrochips für die Funkschnittstelle.
„Es geht um Technologiesouveränität und darum, unsere Gesellschaften wirtschaftlich und technologisch resilienter zu machen – drahtlose Kommunikation ist essenziell für die Digitalisierung und damit ein Schlüsselthema“, sagt Heinrich. Eines, das bislang allerdings monopolartig bespielt wird. Die Herstellung und die Systemintegration der zugehörigen Komponenten sind heute fest in der Hand von USA und Fernost. Das ist der Grund, weshalb das FBH im Verbund mit der FMD im European Chips Act (EuCA) mitarbeitet, der die Chipfertigung in Deutschland und Europa stärken soll. Heinrich erklärt: „Ziel ist, die Technologien für Entwicklung und Prototyping verfügbar zu machen.“ Kunden aus Großindustrie, kleinen und mittleren Unternehmen sowie Universitäten soll die gesamte Wertschöpfungskette für die Mikro- und Nanoelektronik aus einer Hand zur Verfügung gestellt werden. Heinrich: „Das FBH bringt seine Expertise bei der Entwicklung und Realisierung von Halbleiterkomponenten für die Hochfrequenz- und Optoelektronik ein.“
Ein Anwender solcher Hochleistungs-Chips ist Thomas Kosch. Der Professor leitet an der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) das Lehr- und Forschungsgebiet Human-Computer Interaction. Seine Arbeit konzentriert sich auf die Verbesserung der Interaktion zwischen künstlicher Intelligenz und Anwendenden durch das Design von neuartigen Computerschnittstellen. „Was besonders hervorstechend ist, ist unser interdisziplinärer Ansatz. Wir kombinieren Erkenntnisse aus Informatik, Psychologie und Design, um neuartige Interfaces zu schaffen, die sowohl intuitiv als auch effizient sind“, erklärt Kosch. Ein Highlight der Forschung ist die Entwicklung von KI-basierten adaptiven Interfaces, die sich in Echtzeit an die Bedürfnisse und Zustände der Nutzenden mittels Physiologie und Anwendendenkontext anpassen können. „Darüber hinaus konnten wir durch unsere Arbeit die Grundlage für neue Standards in diesem Bereich legen“, ergänzt Kosch.
Damit spielt Koschs Arbeitsgruppe eine zentrale Rolle dabei, die Gesellschaft durch Forschung und Entwicklung im Bereich der Mensch-Computer-Interaktion voranzubringen. „Wir entwickeln Technologien und Schnittstellen mit Schwerpunkt auf KI, die für alle Menschen zugänglich sind“, erläutert Kosch. „Dadurch tragen wir zur digitalen Inklusion bei und ermöglichen es mehr Menschen, am digitalen Leben teilzunehmen und von neuartigen Technologien zu profitieren.“
Ziel der Forschung ist, die Interaktion zwischen Menschen und Computern intuitiver und effizienter zu gestalten. Kosch: „Durch die Analyse physiologischer Daten entwickeln wir Systeme, die Stress reduzieren und das Wohlbefinden fördern, indem adaptive Interfaces erkennen, wenn Nutzende gestresst sind, und entsprechende Anpassungen vornehmen.“ Zudem schaffen die Wissenschaftler:innen innovative Lehr- und Lernwerkzeuge, die das Verständnis und die Anwendung moderner Technologien erleichtern und die nächste Generation von Fachkräften auf die Herausforderungen der digitalen Zukunft vorbereiten.
Denkbar ist auch, dass durch die Arbeit der Adlershofer Forschenden unter anderem intelligente Assistenzsysteme im Gesundheitswesen präventive Maßnahmen vorschlagen oder individuelle Therapiepläne optimieren können, was die Lebensqualität und -zufriedenheit erheblich steigert. Fast unnötig zu betonen, dass auch diese Forschung Gesellschaften voranbringen wird.
Chris Löwer für Adlershof Journal