Von der Wissenschaft in die Praxis
Wie in Adlershof Kooperationen angekurbelt werden beweisen zahlreiche Ausgründungen von FBH und BAM
Laser, Eiweiße, Plasma – ein riesiges Netzwerk an Wissenschaftlern arbeitet täglich daran, Neues und Besseres für uns zu erforschen. Damit die Ideen aber auch in der Praxis ankommen, braucht es Kooperationen mit Unternehmen. Besonders schnell werden die in Adlershof angekurbelt.
Olaf Krüger, Leiter Prozesstechnologie am Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH), weiß: „Wir sind in einer komfortablen Situation. Die Firmen kommen auf uns zu.“ Das FBH, das hochbrillante Diodenlaser, UV-Leuchtdioden und hybride Lasersysteme sowie elektronische Bauelemente und Schaltungen für den Mikro- und Millimeterwellenbereich entwickelt, hat einen rührigen Direktor, der die Brücke zwischen Wissenschaft und Industrie schlägt. Das funktioniert gut, weil sehr anwendungsorientiert geforscht wird.
Firmen, die aus dem FBH entstanden sind, sind unter anderem die JENOPTIK Diode Lab, eine Fabrik für Laserdioden. Diese hat heute nur 200 Meter Luftlinie entfernt ihren Sitz. Dann sind da BeamXpert – Software für optische Systeme, BEAPLAS – Plasmaanwendungen, BFB Brilliance Fab Berlin – Laser-Vermarktung, UVphotonics NT und auch eagleyard Photonics. Letztere kaufen Bauelemente vom FBH. Als Chips, so klein wie ein Sandkorn, werden sie auf Halter montiert, charakterisiert und in die Elektronik integriert. Verkauft werden dann fertige Laserdioden, zum Beispiel für Metrologie und Medizintechnik.
Die sglux SolGel Technologies GmbH stellt Detektorsysteme für UV-Strahlung her. 2008 klingelte der Geschäftsführer beim FBH an, weil der bisherige Lieferant aus Amerika den Vertrieb eingestellt hatte. Seitdem produziert das FBH die kleinen wertvollen Chips. Krüger: „In Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Kristallzüchtung wurden die Bauelemente seinerzeit entwickelt. Inzwischen werden die Scheiben mit den kristallinen Funktionsschichten eingekauft, die dann unseren Reinraum durchlaufen – bis hin zum fertigen Bauelement.“ Bei sglux werden die Chips in Messsysteme integriert und dienen zum Beispiel der Messung von UV-Strahlung für medizinische Zwecke. Oder aber auch zur Überwachung der Dosis bei der Desinfektion von Wasser, denn UV-Strahlung tötet Mikroorganismen ab. Damit ist das Unternehmen inzwischen so erfolgreich, dass nicht nur Umsatz und Personal stetig gewachsen sind, sondern ein eigenes Fertigungsgebäude im Technologiepark Adlershof entstanden ist.
Mit über 300 Mitarbeitern – vorwiegend Physiker, Elektrotechniker, Chemiker, Techniker und Laboranten – steht das FBH der Industrie rund um das Jahr zur Verfügung, kooperiert ständig mit über 50 Unternehmen wie Robert Bosch, Infineon Technologies oder Trumpf. Das Institut hat mehrere Reinräume, der größte hat allein ca. 1.000 Quadratmeter. Temperatur, Luftfeuchte, Staubkonzentration sind bis aufs genaueste geregelt. „Wir haben unterschiedlichste Apparate und können Strukturen vom Mikrometer- bis zum Nanometerbereich herstellen. Vieles ist Ergebnis jahrelanger Forschung. Dieses Know-how kann ein Kunde nicht so schnell selbst aufbauen, nutzt es deshalb bei uns“, so Krüger.
Ähnlich ist es bei der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM). Das große Plus sind die Beratungs- und Umsetzungsexpertise zu Qualitätsmanagementsystemen, Gefährdungsbeurteilungen und dem Umgang mit Gefahrstoffen sowie die sehr guten Labor- und Geräteausstattungen. In Adlershof hat das Start-up Belyntic deshalb hervorragende Arbeitsbedingungen vorgefunden Die BAM hilft dabei, eine Idee zum Markteintritt zu bringen.
Hagen Saxowski, Leiter des Servicebereichs Forschung, hat im April 2018 die Initiative „BAMStartup Slingshot“ mitgegründet. Saxowski: „Das Format ist gedacht für Ausgründungen aus der BAM. Aber auch externe Gründungen aus der Wissenschaft, wie z. B. Belyntic, ein Spin-off der Humboldt-Universität zu Berlin, profitieren davon.“ Die Forscher von Belyntic entwickelten Ideen zur Herstellung von Peptiden. Diese Proteine haben wichtige biologische Funktionen. Sie können beispielsweise Entzündungen beeinflussen oder gegen Bakterien und Viren wirken.
Bei der Unterstützung externer Gründerteams schaut die BAM vor allem auf Start-ups der Bereiche Chemie und der Materialwissenschaften und -technik. Saxowski: „Es sollen Start-ups sein, die zu uns passen.“
Für BAM-Ausgründungen werben Saxowski und seine Kollegen zusätzliche Fördermittel ein. „Es ist mit eine der schönsten Formen des Technologietransfers, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse über Ausgründungen in marktfähige Lösungen überführt werden“, sagt er. Dadurch entstehen gesunde Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen. Seit 2012 gab es acht Gründungen aus dem Umfeld der BAM. Aber auch mit bereits bestehenden Firmen kooperiert die BAM – vom kleinen Unternehmen bis hin zum Weltkonzern. Aktuell wird in Berlin-Siemensstadt zusammen mit der Siemens AG, der Fraunhofer Gesellschaft und der Technischen Universität Berlin die Schaffung eines Industrie- und Wissenschaftscampus geplant.
Von Kathrin Reisinger für Adlershof Journal